Scheidender Verfassungsschutzchef Maaßen könnte nun doch noch entlassen werden
Der Streit um den bisherigen Verfassungsschutzpräsidenten Hans-Georg Maaßen geht in eine neue Runde: Wie am Sonntag aus Koalitionskreisen in Berlin verlautete, soll Maaßen nun doch in den einstweiligen Ruhestand versetzt werden. Mit kritischen Äußerungen über die große Koalition soll sich der 55-Jährige, der eigentlich als Sonderberater ins Bundesinnenministerium wechseln sollte, nun erneut in die Schusslinie gebracht haben. Die Äußerungen würden "derzeit geprüft", teilte das Ministerium mit.
Nach Abschluss der Prüfung werde Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) die "notwendigen Konsequenzen ziehen", erklärte ein Ministeriumssprecher in Berlin. Wie der "Spiegel" berichtete, hatte sich Maaßen am 18. Oktober bei einer Rede vor den Chefs der europäischen Inlandsgeheimdienste in Warschau als Opfer einer Verschwörung dargestellt. Demzufolge hätten Teile der Bundesregierung sich nach seinen umstrittenen Äußerungen zu den Ausschreitungen in Chemnitz auf ihn fokussiert, um dadurch die Regierung platzen zu lassen.
In der Rede, die anschließend im Intranet des Verfassungsschutzes zu lesen gewesen sei, sagte Maaßen laut "Spiegel", es gebe in der Bundesregierung "linksradikale Kräfte", die von Beginn an gegen die Koalition mit der Union gewesen seien und die in Kooperation mit Teilen der Opposition und der Medien versucht hätten, ihn als Vehikel zum Bruch der Koalition zu benutzen. Ausdrücklich bedankt habe er sich für die Unterstützung durch Seehofer.
Maaßen war im Sommer wegen eines Interviews in die Kritik geraten, in dem er die Echtheit eines Videos zu den rechten Ausschreitungen in Chemnitz vom August angezweifelt und bestritten hatte, dass es dort Hetzjagden gab. Auch seine Kontakte zu AfD-Politikern hatten für Irritationen gesorgt.
Die große Koalition aus Union und SPD hatte im September wochenlang über Maaßens Zukunft gestritten. Nach einer anfänglich geplanten Beförderung zum Staatssekretär war am Ende vereinbart worden, dass er als Sonderberater für europäische und internationale Fragen ins Bundesinnenministerium wechseln solle. Dies dürfte nun nicht mehr stattfinden, stattdessen soll Maaßen wohl in den Ruhestand geschickt werden.
"Nicht ohne Grund haben wir vor Wochen die Entlassung Maaßens wegen seiner ständigen Alleingänge und Querschläger gefordert", erklärte der SPD-Innenexperte Burkhard Lischka am Sonntag. Inzwischen sei "offensichtlich auch Herr Seehofer zu dieser Einsicht gekommen", allerdings "sehr spät". Das mache auch Seehofer zum "Verlierer".
SPD-Fraktionsvize Eva Högl beklagte gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND), dass durch Maaßens "sichtbare Neigung zu rechtspopulistischen Ansichten" viel Vertrauen in das Bundesamt für Verfassungsschutz verloren gegangen sei. Dabei müsse gerade dieses Amt alles Notwendige veranlassen, um die Demokratie vor Rechtsextremisten zu schützen.
Der FDP-Innenpolitikexperte Benjamin Strasser erklärte, Maaßen hätte "schon vor Wochen aufgrund seiner zahlreichen Grenzüberschreitungen gehen müssen". Stattdessen habe Innenminister Seehofer "stur seine Hand über Maaßen gehalten". Dieser stehe nun "vor dem Scherbenhaufen seiner verqueren Personalpolitik".
Der Vizefraktionschef der Linken, André Hahn, erklärte, Maaßen fehle "offenkundig jegliches Schuldbewusstsein". Bei der Innenausschusssitzung am Mittwoch "sollte sich dann auch Horst Seehofer erklären und am besten gleich mit seinen Hut nehmen, nachdem er Maaßen bis zuletzt in Schutz genommen hatte".
CDU-Vize Armin Laschet sagte dem ZDF, der Fall Maaßen sei "an Absurdität nicht zu überbieten". Wenn von Maaßens Seite "jetzt noch nachgekartet wird, glaube ich, dass der Bundesinnenminister sicher über Konsequenzen nachdenkt".
Nachfolger Maaßens als Verfassungsschutzpräsident soll Berichten zufolge dessen bisheriger Vize Thomas Haldenwang werden. Das Bundesinnenministerium hat die Berufung des 58-jährigen Juristen bislang allerdings nicht bestätigt.
(A.Nikiforov--DTZ)