Bundesratspräsident Günther will die Länderkammer wieder beschlussfähiger machen
Der neue Bundesratspräsident Daniel Günther (CDU) will die Länderkammer angesichts zersplitterter Mehrheiten wieder beschlussfähiger machen. "Mir ist wichtig, dass der Bundesrat eine konstruktive Rolle spielt und die auch spielen kann, indem man bestimmte Arbeitsweisen modernisiert", sagte der schleswig-holsteinische Ministerpräsident der Nachrichtenagentur AFP anlässlich seiner offiziellen Amtsübernahme. Er wolle mit den anderen Ministerpräsidenten darüber sprechen, "wie wir eine veränderte Situation im Bundesrat zukünftig nutzen können, um als Länderkammer ein noch stärkeres Wörtchen mitzureden".
Günther ist ab dem 1. November für ein Jahr Bundesratspräsident. Lange standen sich in der Parlamentskammer der Block der unionsgeführten Länder und das Lager der SPD-regierten Länder gegenüber. Inzwischen regieren auf Landesebene jedoch viele verschiedene Bündnisse - die Mehrheitsverhältnisse im Bundesrat sind dadurch unübersichtlich geworden. Das hat etwa zur Folge, dass die große Koalition in Berlin für manche Vorhaben im Bundesrat keine Zustimmung mehr bekommt.
"Wir sind bisher noch so organisiert, als gebe es nur CDU und SPD", begründete Günther den Reformbedarf. "Wir müssen auch andere Parteien wie die Grünen und die FDP in diese Überlegungen einbeziehen. Wenn man das stärker macht, kann man auch klarere Beschlüsse wieder im Bundesrat fassen." Er setze dafür auf eine parteiübergreifende Zusammenarbeit: "Für mich steht im Mittelpunkt, dass man anderen Parteien auch mal Erfolge gönnt und sich nicht gegenseitig nur piesackt."
Durch die bisherigen Verfahrensweisen sei es bei manchen größeren Projekten schwer, im Bundesrat zu "verlässlichen Beschlüssen" zu kommen, bemängelte der CDU-Politiker. "Dann werden Themen sehr umfänglich in den Ausschüssen vorbereitet, aber erst am Ende ist klar, für welche Stellungnahmen es im Bundesrat eine Mehrheit gibt. Das führt dann dazu, dass es von 150 Anträgen wegen der unterschiedlichen Koalitionen nur für 80 eine Mehrheit gibt in wichtigen politischen Themenfeldern, zu denen der Bundesrat sich eigentlich äußern müsste."
Günther will nun ein Verfahren entwickeln, "wie man das entkoppeln kann von den bisherigen Abläufen". Er habe da "ein paar Überlegungen, die ich im Kreise der Ministerpräsidenten besprechen will", kündigte der schleswig-holsteinische Regierungschef an, ohne bereits Details zu nennen.
Der Bundesratspräsident will in seiner neuen Rolle zudem mithelfen, den Fokus der Politik auf die drängendsten Probleme zu schärfen. "Die Länderkammer kann mitbefördern, dass wir uns bundespolitisch wirklich auf die großen Herausforderungen der Zukunft konzentrieren", zeigte sich Günther überzeugt. "Wir können mithelfen, dass es nicht so viele Debatten im Klein-Klein gibt, sondern dass wir Fragen wie Klimaschutz, Fachkräftemangel, demographischer Wandel, Erhalt unseres Lebensstandards und Zukunftsfestigkeit der sozialen Sicherungssysteme angehen."
Die Politik müsse den Menschen Hoffnung geben anstatt Antworten, "die zwar kurzfristig gut ankommen, aber langfristig nichts sicherstellen", fügte Günther hinzu. "Wenn wir das als Bundesrat hinbekommen, die Bundespolitik in diese Richtung zu schieben, dann wäre eine ganze Menge erreicht."
(U.Stolizkaya--DTZ)