Deutsche Tageszeitung - Türkische Justiz: Khashoggi kurz nach Betreten von Konsulat erwürgt

Türkische Justiz: Khashoggi kurz nach Betreten von Konsulat erwürgt


Türkische Justiz: Khashoggi kurz nach Betreten von Konsulat erwürgt
Türkische Justiz: Khashoggi kurz nach Betreten von Konsulat erwürgt / Foto: ©

Die Türkei hat am Mittwoch neue Ermittlungsergebnisse zum Tod des Journalisten Jamal Khashoggi veröffentlicht und Saudi-Arabien mangelnde Kooperationsbereitschaft vorgeworfen. Laut einer Erklärung der Istanbuler Staatsanwaltschaft wurde der 59-jährige Regierungskritiker kurz nach Betreten des Konsulats seines Landes erwürgt und seine Leiche dann zerstückelt. Ein türkischer Regierungsvertreter warf dem Königreich vor, bei den Ermittlungen nicht zu kooperieren.

Textgröße ändern:

Die Istanbuler Staatsanwaltschaft erklärte nach einem dreitägigen Besuch des saudiarabischen Generalstaatsanwalts Saud bin Abdullah al-Muadschab, Khashoggi sei laut den bisherigen Ermittlungen "gemäß einem vorgefassten Plan unmittelbar nach Betreten des Konsulats erwürgt" worden. "Die Leiche des Opfers wurde gemäß dem vorgefassten Plan nach seinem Tod durch Ersticken zerstückelt und beseitigt", hieß es.

Türkische Medien berichten bereits seit Wochen, dass Khashoggi erwürgt und zerstückelt worden sei, doch gab es dafür bisher keine offizielle Bestätigung. Präsident Recep Tayyip Erdogan sprach zwar vergangene Woche von einem "politischen Mord", der Tage im Voraus von einem aus Saudi-Arabien angereisten Kommando geplant worden sei. Doch äußerte er sich nicht zu den Todesumständen und dem Umgang mit der Leiche.

Nach wochenlangen Dementis gestand Saudi-Arabien unter internationalem Druck den Tod des Journalisten ein, stellte ihn jedoch zunächst als Folge eines eskalierten Streits dar. Erst später gab Generalstaatsanwalt al-Muadschab zu, dass die Tötung "vorsätzlich" geschehen sei. In dem Fall wurden 18 Verdächtige festgenommen und ein königlicher Medienberater und der Vize-Geheimdienstchef ihrer Posten enthoben.

Al-Muadschab sicherte seine Kooperationsbereitschaft zu und reiste am Montag zu Gesprächen an den Bosporus. Die Istanbuler Staatsanwaltschaft kritisierte nun aber, dass die Gespräche mit ihm "trotz unserer guten Absichten, die Wahrheit zu enthüllen, keine konkreten Ergebnisse erbracht haben". Demnach wurde al-Muadschab um Auskunft zum Verbleib der Leiche und zu dem angeblichen "lokalen Helfer" gebeten worden.

Al-Muadschab habe den Istanbuler Staatsanwalt vor seiner Abreise eingeladen, "mit den gesammelten Beweisen" nach Saudi-Arabien zu kommen, erklärte die Staatsanwaltschaft. Ein türkischer Regierungsvertreter kritisierte, die Saudi-Araber schienen "vorwiegend daran interessiert herauszufinden, was für Beweise die türkischen Behörden gegen die Täter haben". "Wir haben nicht den Eindruck gewonnen, dass sie tatsächlich bei den Ermittlungen kooperieren", sagte er.

Khashoggi war am 2. Oktober ins Istanbuler Konsulat seines Landes gegangen, um ein Dokument für seine Heirat abzuholen, aber nicht wieder herausgekommen. Es besteht der Verdacht, dass der saudiarabische Kronprinz Mohammed bin Salman, den prominenten Journalisten ermorden ließ. Die Führung in Riad bestreitet jede Verwicklung des 33-jährigen Thronfolgers, doch hat der Fall sein Ansehen massiv beschädigt.

Ankara hat sich mit Schuldzuweisungen lange zurückgehalten, doch veröffentlichten regierungsnahe Medien immer neue Details aus den Polizeiermittlungen, die den Druck auf Saudi-Arabien erhöhten und den Kronprinzen teils direkt belasteten. So sollen mehrere Mitglieder des mutmaßlichen Mordkommandos zu bin Salmans direktem Umfeld gehören. Der Chef der Gruppe soll zudem mehrfach mit dessen Büroleiter telefoniert haben.

(V.Korablyov--DTZ)

Empfohlen

Frankreich: Mehr als 100.000 Menschen protestieren gegen rechtsgerichteten Premier

In Frankreich haben am Samstag nach Angaben des Innenministeriums mehr als 100.000 Menschen gegen die Ernennung des neuen rechtsgerichteten Premierministers Michel Barnier demonstriert. Allein in Paris waren es demnach 26.000. Aber auch in vielen anderen Städten wie Nantes, Nizza, Marseille und Straßburg gingen die Menschen gegen die Regierungsübernahme durch den 73-jährigen Konservativen auf die Straße. Die Wut der Demonstrierenden richtete sich auch gegen Präsident Emmanuel Macron.

Tausende in Israel demonstrieren erneut für Abkommen für Freilassung der Geiseln

Genau elf Monate nach dem beispiellosen Angriff der radikalislamischen Palästinenserorganisation Hamas auf Israel sind dort erneut tausende Menschen für ein Abkommen über eine Waffenruhe im Gazastreifen und die Freilassung aller Geiseln auf die Straße gegangen. Unter den Teilnehmern der Kundgebungen in Tel Aviv, Jerusalem und anderen Städten waren am Samstag auch Angehörige der immer noch im Gazastreifen festgehaltenen Geiseln.

Niedrige Wahlbeteiligung: Präsidentschaftswahl in Algerien zu Ende gegangen

Nach einer einstündigen Verlängerung ist die Präsidentschaftwahl in Algerien am Samstag zu Ende gegangen. Statt wie geplant um 20.00 Uhr schlossen die Wahllokale in dem nordafrikanischen Land angesichts einer sehr niedrigen Wahlbeteiligung erst um 21.00 Uhr Ortszeit (22.00 Uhr MESZ).

Großdemo für "Freiheit" nach Sperrung des Onlinediensts X in Brasilien

Nach der Sperrung des Onlinedienstes X in Brasilien sind in dem südamerikanischen Land am Samstag tausende Demonstranten auf die Straße gegangen. Die Kundgebung in der Wirtschaftsmetropole São Paulo fand am brasilianischen Unabhängigkeitstag als Gegenveranstaltung zu einer offiziellen Parade in der Hauptstadt Brasília mit dem linksgerichteten Staatschef Luiz Inácio Lula da Silva statt. Dessen rechtsextremer Amtsvorgänger Jair Bolsonaro unterstützte den Protestmarsch in São Paulo.

Textgröße ändern: