Deutsche Tageszeitung - Vierer-Gipfel in Istanbul ruft zu Erhalt von Waffenruhe in Idlib auf

Vierer-Gipfel in Istanbul ruft zu Erhalt von Waffenruhe in Idlib auf


Vierer-Gipfel in Istanbul ruft zu Erhalt von Waffenruhe in Idlib auf
Vierer-Gipfel in Istanbul ruft zu Erhalt von Waffenruhe in Idlib auf / Foto: ©

Bei einem Vierer-Gipfel zu Syrien in Istanbul haben die Türkei, Russland, Frankreich und Deutschland zur Bewahrung der Waffenruhe in der letzten Rebellenbastion Idlib aufgerufen. In ihrer Abschlusserklärung drangen die vier Staats- und Regierungschefs am Samstag zudem auf die rasche Bildung eines Verfassungskomitees, um eine politische Lösung des Bürgerkriegs voranzubringen. Es war das erste Mal, dass die vier Staaten in diesem Format über Syrien berieten.

Textgröße ändern:

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte, sie hätten sich bei dem Gipfel verpflichtet, dass die bisherige Feuerpause in Idlib zu einem "nachhaltigen dauerhaften Waffenstillstand" werde. Es seien "wichtige Fortschritte" bei der Schaffung einer demilitarisierten Zone um Idlib erreicht worden, sagte Merkel. Es gebe eine "große Verpflichtung", weitere humanitäre Katastrophen zu verhindern.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron rief Russland auf, als Verbündeter des syrischen Machthabers Baschar al-Assad "sehr klaren Druck" auf ihn auszuüben, um die Waffenruhe in Idlib zu bewahren. Der russische Präsident Wladimir Putin sagte allerdings, "Russland behält sich vor, die syrische Regierung zu unterstützen", sollte es Angriffe seitens der Rebellen geben.

Die Türkei und Russland hatten am 17. September in Sotschi eine Vereinbarung getroffen, um eine drohende Offensive Assads auf Idlib abzuwenden. Sie sieht vor, dass um die Provinz eine entmilitarisierte Zone geschaffen wird. Zuletzt gab es jedoch eine Zunahme der Gewalt, und am Freitag wurden beim Beschuss durch die Regierungstruppen in Idlib sieben Zivilisten getötet.

Bei dem Gipfel ging es auch um Schritte zu einer politischen Lösung. Erdogan sagte, sie würden darauf dringen, dass "vor Ende des Jahres" ein Komitee zur Ausarbeitung einer neuen Verfassung zusammentrete. Dem scheidenden UN-Sondergesandten Staffan de Mistura, der ebenfalls an dem Gipfel teilnahm, war es zuletzt bei Gesprächen in Damaskus nicht gelungen, ein solches Komitee zusammenzustellen.

Merkel sagte, es gehe darum, "zwei Kriege zu beenden": Den Krieg gegen den Terror und den Krieg der Regierung gegen ihr eigenes Volk. Dies könne nicht militärisch gelingen, sondern nur durch politische Verhandlungen unter Ägide der UNO, sagte Merkel. Die Verhandlungen zwischen Regierung und Opposition in Genf kommen allerdings seit Jahren nicht voran.

Der Vierer-Gipfel auf der asiatischen Seite von Istanbul war das erste Treffen zu Syrien in diesem Format. Russland und die Türkei setzen sich mit dem Iran seit Anfang 2017 im sogenannten Astana-Prozess für eine militärische Deeskalation in Syrien ein. Es war nun das erste Mal, dass Russland und die Türkei mit Deutschland und Frankreich über den Konflikt berieten.

Merkel sprach von einem "ungewohnten Format", bei dem es aber gelungen sei, dem politischen Prozess ein "bestimmtes Momentum" zu geben. Es sei ein "sehr produktives Treffen" gewesen, obwohl es "sehr unterschiedliche Ausgangspunkte" gegeben habe, sagte die Kanzlerin. Erdogan zeigte sich offen dafür, das Treffen auf andere Staaten auszuweiten.

Die Teilnehmer riefen die Konfliktparteien in Syrien auf, "den raschen, sicheren und ungehinderten Zugang" für humanitäre Hilfe zu gewährleisten. Auch müssten die Bedingungen für die sichere und freiwillige Rückkehr der Flüchtlinge geschaffen werden. Es dürfe keine Verfolgung oder Verhaftung geben, mahnte Merkel. Der Schlüssel bei der Rückkehr liege in einer politischen Lösung.

Bei der Frage der Zukunft Assads gab es keine Einigkeit, doch betonten alle Länder, dass das syrische Volk selbst über seine Regierung entscheiden müsse. "Alle Syrer müssen die Möglichkeit haben, über die Zukunft des politischen Systems zu entscheiden in freien Wahlen" unter international Aufsicht, sagte Merkel. Dabei müssten auch die Flüchtlinge einbezogen werden.

(W.Novokshonov--DTZ)

Empfohlen

Frankreich: Mehr als 100.000 Menschen protestieren gegen rechtsgerichteten Premier

In Frankreich haben am Samstag nach Angaben des Innenministeriums mehr als 100.000 Menschen gegen die Ernennung des neuen rechtsgerichteten Premierministers Michel Barnier demonstriert. Allein in Paris waren es demnach 26.000. Aber auch in vielen anderen Städten wie Nantes, Nizza, Marseille und Straßburg gingen die Menschen gegen die Regierungsübernahme durch den 73-jährigen Konservativen auf die Straße. Die Wut der Demonstrierenden richtete sich auch gegen Präsident Emmanuel Macron.

Tausende in Israel demonstrieren erneut für Abkommen für Freilassung der Geiseln

Genau elf Monate nach dem beispiellosen Angriff der radikalislamischen Palästinenserorganisation Hamas auf Israel sind dort erneut tausende Menschen für ein Abkommen über eine Waffenruhe im Gazastreifen und die Freilassung aller Geiseln auf die Straße gegangen. Unter den Teilnehmern der Kundgebungen in Tel Aviv, Jerusalem und anderen Städten waren am Samstag auch Angehörige der immer noch im Gazastreifen festgehaltenen Geiseln.

Niedrige Wahlbeteiligung: Präsidentschaftswahl in Algerien zu Ende gegangen

Nach einer einstündigen Verlängerung ist die Präsidentschaftwahl in Algerien am Samstag zu Ende gegangen. Statt wie geplant um 20.00 Uhr schlossen die Wahllokale in dem nordafrikanischen Land angesichts einer sehr niedrigen Wahlbeteiligung erst um 21.00 Uhr Ortszeit (22.00 Uhr MESZ).

Großdemo für "Freiheit" nach Sperrung des Onlinediensts X in Brasilien

Nach der Sperrung des Onlinedienstes X in Brasilien sind in dem südamerikanischen Land am Samstag tausende Demonstranten auf die Straße gegangen. Die Kundgebung in der Wirtschaftsmetropole São Paulo fand am brasilianischen Unabhängigkeitstag als Gegenveranstaltung zu einer offiziellen Parade in der Hauptstadt Brasília mit dem linksgerichteten Staatschef Luiz Inácio Lula da Silva statt. Dessen rechtsextremer Amtsvorgänger Jair Bolsonaro unterstützte den Protestmarsch in São Paulo.

Textgröße ändern: