Deutsche Tageszeitung - Türkei - Erdogan: Mord an Khashoggi wurde eiskalt im Voraus geplan

Türkei - Erdogan: Mord an Khashoggi wurde eiskalt im Voraus geplan


Türkei - Erdogan: Mord an Khashoggi wurde eiskalt im Voraus geplan
Türkei - Erdogan: Mord an Khashoggi wurde eiskalt im Voraus geplan / Foto: ©

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat die Tötung des saudiarabischen Journalisten Jamal Khashoggi als "politischen Mord" bezeichnet, der von einem aus Saudi-Arabien entsandten Kommando Tage im Voraus "geplant" worden sei. Von der Führung in Saudi-Arabien verlangte er am Dienstag Aufklärung, "wer den Befehl für das Verbrechen" gegeben habe. Die Verdächtigen müssten in der Türkei vor Gericht gestellt werden, forderte er.

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"Bisher zeigen alle Fakten und Beweise, die gefunden worden sind, dass Jamal Khashoggi Opfer eines brutalen Mordes geworden ist", sagte Erdogan in der weltweit beachteten Rede vor seiner Fraktion im Parlament in Ankara. Die Staatengemeinschaft werde nicht Ruhe geben, bevor "nicht alle beteiligten Personen, die Ausführenden wie die Auftraggeber, bestraft wurden".

Um das Verbrechen aufzuklären, sei eine "unabhängige Untersuchungskommission" notwendig, sagte Erdogan. Von Saudi-Arabien verlangte er Aufklärung, "wer den Befehl für das Verbrechen" gegeben habe und wo sich der Leichnam Khashoggis befinde. "Warum bleibt die Leiche unauffindbar?", fragte er. Die Führung in Riad versichert, keine Kenntnis von deren Verbleib zu haben.

Saudi-Arabien hatte am Samstag unter internationalem Druck zugegeben, dass der Regierungskritiker im Istanbuler Konsulat zu Tode kam; er sei dort bei einer "Schlägerei" getötet worden. Weltweit stößt diese Darstellung aber auf Skepsis, nachdem Riad wochenlang versichert hatte, dass Khashoggi das Konsulat lebend verlassen habe.

Mit seinen Äußerungen widerspricht Erdogan nun klar der Darstellung Riads. Erdogan vermied es aber, den saudiarabischen Kronprinzen Mohammed bin Salman beim Namen zu nennen, der im Verdacht steht, die Tötung seines Kritikers Khashoggi in Auftrag gegeben zu haben. Türkische Medien veröffentlichten in den vergangenen Tagen zahlreiche Details aus den Polizeiermittlungen, die auf eine direkte Verbindung der Täter zu dem einflussreichen Thronfolger hinweisen.

In seiner Rede Erdogan forderte ferner, den 18 in dem Fall festgenommenen Saudi-Arabern in der Türkei den Prozess zu machen. Aus Riad habe er gehört, dass darunter auch die 15 Männer seien, die zu dem Angriff auf Khashoggi nach Istanbul gereist seien, sagte Erdogan. Er zeigte sich "zuversichtlich", dass Saudi-Arabiens König Salman bei den Ermittlungen kooperieren werde.

In seiner Rede präsentierte Erdogan die Ergebnisse der türkischen Ermittlungen in dem Fall. Demnach wurde der Plan zur Ermordung des "Washington Post"-Kolumnisten bereits nach dessen erstem Besuch im Konsulat am 28. September gefasst. Einen Tag vor seinem zweiten Besuch im Konsulat am 2. Oktober sei dann ein saudiarabisches Kommando nach Istanbul geschickt worden.

Mehrere Mitglieder des Teams hätten den Belgrader Wald im Norden der Metropole sowie die Gegend um die Stadt Yalova am Marmara Meer erkundet, sagte Erdogan. Am 2. Oktober sei dann ein zweites Team in Istanbul gelandet und habe sich ebenso wie die erste Gruppe in das Konsulat begeben, wo Khashoggi am frühen Nachmittag eingetroffen sei, sagte Erdogan.

Nach seinen Angaben wurde das Videoüberwachungssystem des Konsulats zuvor absichtlich abgeschaltet. Belege für seine Darstellung der Ereignisse präsentierte Erdogan nicht. Türkische Medien hatten zuvor berichtet, die Ermittler verfügten über Audio- und Videomaterial aus dem Konsulat, das belege, dass Khashoggi dort gefoltert und ermordet worden sei. Solche Aufnahmen erwähnte Erdogan aber nicht.

Er hielt die mit Spannung erwartete Rede, während in Riad das Wirtschaftsforum Future Investment Initiative begann, auf dem Kronprinz bin Salman sein wirtschaftliches Reformprogramm präsentieren will. In den vergangenen Tagen hatten dutzende Persönlichkeiten aus Medien, Politik und Wirtschaft ihre Teilnahme wegen der Khashoggi-Affäre abgesagt.  (I.Beryonev--DTZ)

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