Deutsche Tageszeitung - Deutsche Rüstungsexporte Richtung Saudi-Arabien auf dem Prüfstand

Deutsche Rüstungsexporte Richtung Saudi-Arabien auf dem Prüfstand


Deutsche Rüstungsexporte Richtung Saudi-Arabien auf dem Prüfstand
Deutsche Rüstungsexporte Richtung Saudi-Arabien auf dem Prüfstand / Foto: ©

Nach den neuen Entwicklungen im Fall des getöteten Journalisten Jamal Khashoggi stehen die deutschen Rüstungsexporte an Saudi-Arabien in der Kritik. Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) sieht aktuell keine Grundlage, weitere Verkäufe zu genehmigen. SPD-Chefin Andrea Nahles will das Verhältnis zu Saudi-Arabien insgesamt überprüfen. Oppositionspolitiker forderten am Wochenende schnelle Konsequenzen.

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Saudi-Arabien hatte am Samstag nach massivem internationalen Druck zugegeben, dass der vermisste Khashoggi Anfang Oktober im Konsulat des Königreichs in Istanbul getötet wurde. Demnach führte eine "Schlägerei" im Konsulat zum Tode des als Kritiker des Königshauses bekannten Journalisten. Laut türkischen und US-Medienberichten soll Khashoggi hingegen von einem saudiarabischen Killerkommando gefoltert und ermordet worden sein.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Maas erklärten am Samstagabend gemeinsam, die offiziellen Angaben zu den Abläufen im Konsulat seien "nicht ausreichend". Sie erwarteten von Saudi-Arabien "Transparenz im Hinblick auf die Todesumstände und die Hintergründe" und verurteilten die Tötung Khashoggis "in aller Schärfe". Die Verantwortlichen müssten zur Rechenschaft gezogen werden.

In den ARD-"Tagesthemen" sagte Maas, solange die Untersuchungen in dem Fall andauerten, "gibt es keine Grundlage, auf der positive Entscheidungen für Rüstungsexporte nach Saudi-Arabien zu treffen sind". SPD-Chefin Nahles sagte der "Bild am Sonntag", nach dem "unfassbaren Vorgang" in Istanbul gehöre das Verhältnis zu Saudi-Arabien grundsätzlich auf den Prüfstand. Dies umfasse auch die Rüstungsexporte. "Es muss spürbare Konsequenzen geben", sagte Nahles.

Eine Sprecherin des Bundeswirtschaftsministeriums sagte der Nachrichtenagentur AFP am Sonntag, die Erklärungen aus Riad zu Khashoggi seien widersprüchlich und reichten nicht aus. "Mit Blick auf mögliche Konsequenzen sollte die EU eine gemeinsame Haltung festlegen", sagte die Sprecherin. Die deutsche Rüstungsexportpolitik sei "schon jetzt sehr restriktiv".

Der Vorsitzende des Außenausschusses, Norbert Röttgen (CDU), forderte in der "Welt am Sonntag" von der Bundesregierung umgehend Maßnahmen, "falls es nicht ganz kurzfristig zu entscheidenden, auch machtpolitischen Konsequenzen innerhalb der saudiarabischen Führung kommt". Röttgen sprach sich in diesem Fall vor allem für einen "Stopp aller Waffenlieferungen" an Riad aus.

Politiker von Grünen, Linken und FDP verlangten am Wochenende einen sofortigen Stopp aller deutschen Rüstungsexporte nach Saudi-Arabien. Der Grünen-Außenexperte Omid Nouripour wies die "fadenscheinige Erklärung" aus Riad zurück. "Es ist kaum auszuhalten, für wie dumm das saudische Königshaus die Weltöffentlichkeit hält", urteilte er. Linksfraktionsvize Sevim Dagdelen bezeichnete den saudiarabischen Kronprinzen Mohammed bin Salman als Hauptverantwortlichen für den "Mord" an Khashoggi.

Saudi-Arabien ist ein wichtiger Käufer deutscher Rüstungsgüter. Im dritten Quartal 2018 genehmigte die Bundesregierung Exporte in Höhe von rund 254 Millionen Euro in das Land. Von Jahresbeginn bis Mitte Oktober wurden Einzelausfuhrgenehmigungen in Höhe von rund 416 Millionen Euro für Saudi-Arabien erteilt - Kriegswaffen im Wert von 147 Millionen Euro und sonstige Rüstungsgüter im Wert von 269 Millionen Euro. Die Exporte sind auch wegen der Beteiligung Saudi-Arabiens am Krieg im Jemen umstritten.

(U.Stolizkaya--DTZ)

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