Deutsche Tageszeitung - Breite Skepsis nach Saudi-Arabiens Eingeständnis im Fall Khashoggi

Breite Skepsis nach Saudi-Arabiens Eingeständnis im Fall Khashoggi


Breite Skepsis nach Saudi-Arabiens Eingeständnis im Fall Khashoggi
Breite Skepsis nach Saudi-Arabiens Eingeständnis im Fall Khashoggi / Foto: ©

Nach dem gewaltsamen Tod des saudiarabischen Journalisten Jamal Khashoggi haben zahlreiche Staaten weitere Antworten verlangt. Die offizielle Erklärung aus Riad, wonach Khashoggi im Konsulat des Königreichs in Istanbul bei einer Schlägerei zu Tode kam, stieß international auf Skepsis. Die Bundesregierung und die EU forderten "glaubwürdige" Erklärungen, US-Präsident Donald Trump zeigte sich unzufrieden. Saudi-Arabien hatte am Samstag unter massivem Druck die Tötung des vermissten Journalisten im Konsulat eingeräumt.

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Die Generalstaatsanwaltschaft in Riad legte knapp drei Wochen nach Khashoggis Verschwinden eine offizielle Version der Ereignisse vor. Demnach führte eine "Schlägerei" im Konsulat zum Tod des Journalisten. 18 Staatsbürger Saudi-Arabiens seien festgenommen und zwei hochrangige Berater von Kronprinz Mohammed bin Salman sowie drei weitere Geheimdienstmitarbeiter entlassen worden.

Zuvor hatte Saudi-Arabien bestritten, dass der Regierungskritiker im Konsulat zu Tode gekommen sein könnte. Angesichts wachsender internationaler Kritik ließ sich diese Darstellung nicht mehr aufrecht erhalten.

Aber auch die neuen Erklärungen aus Riad wurden international in Zweifel gezogen. Die vorliegenden Angaben zu den Abläufen im saudiarabischen Konsulat in Istanbul seien "nicht ausreichend", erklärten Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD). Sie verurteilten die Tötung des Journalisten "in aller Schärfe". Von Saudi-Arabien erwarteten sie "Transparenz im Hinblick auf die Todesumstände und die Hintergründe". Die vorliegenden Angaben zu den Abläufen im Konsulat seien "nicht ausreichend".

Maas forderte am Sonntag im Online-Dienst Twitter "eine geschlossene Antwort" der Staatengemeinschaft. "Mit Frankreich und Großbritannien, der EU und den G7-Staaten sind wir in enger Abstimmung."

Auch US-Präsident Trump reichten die Erklärungen nicht aus. Er verlangte am Samstag weitere Informationen. Er sei "nicht zufrieden, bis wir die Antwort haben", sagte er bei einer Wahlkampfveranstaltung im Bundesstaat Nevada. Mit Verweis auf "eine Million" US-Jobs sprach sich Trump aber erneut dagegen aus, ein milliardenschweres Rüstungsgeschäft mit Riad auf Eis zu legen. Es gebe aber "andere Dinge, die getan werden könnten, dazu gehören auch Sanktionen".

Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini forderte derweil "umfassende, glaubwürdige und transparente Ermittlungen" zu Khashoggis Tod. Die EU bestehe darauf, dass "alle dafür Verantwortlichen uneingeschränkt zur Rechenschaft" gezogen würden.

Auch Großbritannien äußerte Zweifel an der offiziellen Version. "Ich denke nicht, dass sie glaubwürdig ist", sagte Brexit-Minister Dominic Raab der BBC. Aus Kanada hieß es, der Bericht aus Saudi-Arabien sei widersprüchlich und nicht glaubhaft. Der französische Außenminister Jean-Yves Le Drian verlangte eine "vollständige und zügige Untersuchung". Zahlreiche Fragen seien bislang unbeantwortet.

Rückendeckung erhielt Saudi-Arabien derweil von seinen Verbündeten in der Region - den Vereinigten Arabischen Emiraten, Kuwait, Oman sowie Ägypten.

Türkische Ermittler hatten in den vergangenen Tagen das Konsulat und die Residenz des Konsuls in Istanbul untersucht. Nach der Erklärung aus Riad versprach Ankara eine vollständige Klärung von Khashoggis Tod. "Die Türkei wird alles enthüllen, was hier vorgefallen ist", sagte der Sprecher der Regierungspartei AKP, Ömer Celik. Von Vorverurteilungen wolle er absehen, "aber wir lassen es nicht zu, dass hier irgend etwas vertuscht wird".

Khashoggi, dessen Leiche bislang nicht gefunden wurde, war am 2. Oktober in das Konsulat gegangen, um ein Dokument für seine Hochzeit abzuholen. Seitdem fehlt von ihm jede Spur. Türkische und US-Medien hatten berichtet, der Journalist sei von einem saudiarabischen Killerkommando in dem Konsulat gefoltert und ermordet worden. Sie beriefen sich auf Tonaufnahmen, die türkischen Sicherheitskräften vorliegen sollen.

(M.Dylatov--DTZ)

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