Deutsche Tageszeitung - Saudi-Arabien gesteht Tötung von Kritiker Khashoggi in Konsulat

Saudi-Arabien gesteht Tötung von Kritiker Khashoggi in Konsulat


Saudi-Arabien gesteht Tötung von Kritiker Khashoggi in Konsulat
Saudi-Arabien gesteht Tötung von Kritiker Khashoggi in Konsulat / Foto: ©

Saudi-Arabien hat nach wochenlangem Abstreiten zugegeben, dass der vermisste Journalist Jamal Khashoggi im Konsulat des Königreichs in Istanbul getötet worden ist. Die Generalstaatsanwaltschaft in Riad legte am Samstag die offizielle Version der Ereignisse vor: Demnach habe sich eine "Schlägerei" zwischen Khashoggi und Männern im Konsulat entwickelt, "die zu seinem Tod führte". Im Zusammenhang mit dem Tod Khashoggis habe es bereits Festnahmen und Entlassungen gegeben.

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Während US-Präsident Donald Trump die Erklärung als glaubwürdig bezeichnete, reagierten andere Politiker skeptisch. Die offizielle Darstellung aus Riad weicht deutlich von den Mutmaßungen ab, welche türkische Stellen geäußert hatte: Demnach wurde der Regierungskritiker Khashoggi von einem saudiarabischen Killer-Kommando gezielt ermordet.

Die staatliche saudiarabische Nachrichtenagentur SPA veröffentlichte am frühen Samstagmorgen eine Erklärung, wonach wegen des Todesfalls im Konsulat 18 Menschen festgenommen und Vize-Geheimdienstchef Ahmad al-Assiri sowie der königliche Medienberater Saud al-Kahtani ihrer Posten enthoben worden seien. Beide gehören zum inneren Kreis von Kronprinz Mohammed bin Salman.

König Salman ordnete zudem die Einrichtung einer Kommission unter Leitung des Kronprinzen an, der den Geheimdienst umbauen und dessen Befugnisse "genau" festlegen soll, wie SPA berichtete. Die Erklärung aus Riad erfolgte kurz nach einem erneuten Telefonat von König Salman mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan. Dieser äußerte sich zunächst nicht zu der Erklärung.

Ankara hat bisher noch keine offiziellen Ermittlungsergebnisse vorgelegt, doch veröffentlichen Medien täglich neue schockierende Details aus den Ermittlungen. Sie stützen sich auf türkische Behördenerkenntnisse. demnach soll Khashoggi gefoltert und ermordet worden sein.

Die Vizechefin der Regierungspartei AKP, Leyla Sahin Usta, bezeichnete am Samstag die Tötung des Journalisten als "betrüblich" und bewertete die Erklärung aus Riad als "nicht überzeugend".

US-Präsident Trump sagte dagegen, er halte die Version Saudi-Arabiens vom Tod Khashoggis für glaubwürdig. Das Eingeständnis sei ein "sehr wichtiger erster Schritt", doch sei die "Überprüfung oder Ermittlung noch nicht beendet". Zu möglichen Sanktionen wollte er sich noch nicht äußern, sprach sich aber gegen die Kündigung eines riesigen Rüstungsgeschäfts mit Riad aus.

Deutlichere Reaktionen gab es aus dem US-Kongress. Während der republikanische Senator Lindsey Graham Zweifel an der Darstellung Saudi-Arabiens äußerte, forderte der demokratische Senator Bob Menendez Sanktionen gegen Saudi-Araber, die am Tod des "Washington Post"-Kolumnisten beteiligt waren. "Wir müssen den internationalen Druck aufrecht erhalten", forderte er.

UN-Generalsekretär Antonio Guterres zeigte sich "zutiefst beunruhigt" über den gewaltsamen Tod Khashoggis und bekräftigte die Notwendigkeit einer "unmittelbaren, gründlichen und transparenten Untersuchung" der Todesumstände.

Saudi-Arabien ist ein wichtiger Verbündeter Trumps, der auf das Königreich setzt, um den Iran einzudämmen und seinen geplanten Nahost-Friedensplan bei den Palästinensern durchzusetzen. Kritiker werfen dem US-Präsidenten vor, mit seiner Unterstützung Kronprinz bin Salman in seiner aggressiven Außenpolitik und bei der Repression von Kritikern ermutigt zu haben.

Die Analysten der Eurasia Group werteten die Erklärung zum Tod Khashoggis und die Absetzung von al-Assiri und al-Kahtani als Versuch, "den Kronprinzen von dem Mord distanzieren".

Nicht nur bleibt der Verbleib der Leiche Khashoggis ungeklärt, sondern auch die Frage, warum am Tag von dessen Tod 15 Mitarbeiter saudiarabischer Sicherheitsdienste und Behörden in das Konsulat in Istanbul reisten. Laut Medienberichten waren darunter ein Gerichtsmediziner und vier Leibwächter bin Salmans, von denen einer ihn wiederholt auf Auslandsreisen begleitete.

Der Grünen-Abgeordnete Omid Nouripour erklärte, es sei "kaum auszuhalten, für wie dumm das saudische Königshaus die Weltöffentlichkeit hält". Nach dieser "fadenscheinigen Erklärung" müsse die Bundesregierung "die strategische Partnerschaft mit Riad beenden und die Rüstungsexporte einstellen".

(A.Nikiforov--DTZ)

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