Rechtspopulist Bolsonaro verpasst Sieg in erster Wahlrunde knapp
Der Erfolg des Rechtspopulisten Jair Bolsonaro in der ersten Runde der Präsidentschaftswahl in Brasilien spaltet das Land und begeistert die Anleger. Der höchst umstrittene Politiker verwies den Linkskandidaten Fernando Haddad von der Arbeiterpartei von Ex-Staatschef Luiz Inácio Lula da Silva am Sonntag mit deutlichem Abstand auf den zweiten Platz. Die Stichwahl in drei Wochen dürfte aber deutlich enger werden. Die Börse reagierte positiv auf Bolsonaros Erfolg.
Bolsonaro kam bei dem Urnengang auf rund 46 Prozent, wie die Wahlbehörde erklärte. Haddad erhielt demnach etwa 29 Prozent der Stimmen. Das Ergebnis ist ein Triumph für Bolsonaro, der häufig als "Donald Trump Brasiliens" bezeichnet wird. Umfragen hatten den 63-Jährigen zuletzt bei rund 36 Prozent gesehen - bei der Wahl erhielt er nun deutlich mehr Stimmen.
Zwischenzeitlich hatte es sogar so ausgesehen, als könnte der Ex-Offizier, der immer wieder mit rassistischen und sexistischen Äußerungen aufgefallen ist, im ersten Wahlgang eine absolute Mehrheit erzielen. Damit wäre er direkt zum Präsidenten gewählt worden. Jetzt muss er am 28. Oktober in der Stichwahl gegen Haddad antreten.
Am Wahlabend beklagte Bolsonaro, es habe "Probleme" mit den elektronischen Wahlurnen gegeben; sonst wäre er jetzt schon zum Präsidenten gewählt worden. Er werde nun vom Obersten Wahlgericht "Lösungen" verlangen. Anhänger des Rechtspopulisten versammelten sich am Abend vor dem Wahlgericht in der Hauptstadt Brasília und schrien "Betrug, Betrug, Betrug!"
Bolsonaros Erfolg beflügelte die Finanzmärkte. Nach Handelsbeginn in São Paulo legte der Aktienindex Ibovespa am Montag um mehr als sechs Prozent zu, später lag er rund fünf Prozent im Plus. Die brasilianische Landeswährung Real wertete knapp 2,9 Prozent gegenüber dem Dollar auf.
Der Ex-Offizier und Verteidiger der früheren Militärdiktatur (1964 bis 1985) hat für den Fall eines Wahlsiegs Privatisierungen sowie einen harten Kampf gegen Korruption und Kriminalität angekündigt. Zudem will er die Waffengesetze lockern. Mit abfälligen Bemerkungen über Frauen, Homosexuelle und Schwarze polarisiert er die brasilianische Gesellschaft. Anfang September wurde er bei einer Messerattacke während eines Wahlkampfauftritts verletzt.
Bei der Wahl waren rund 147 Millionen Bewohner des südamerikanischen Landes aufgerufen, einen Nachfolger für den unbeliebten konservativen Staatschef Michel Temer zu wählen. Insgesamt traten 13 Kandidaten an.
Die Arbeiterpartei hatte Haddad als Ersatzkandidaten für den wegen Korruptionsvorwürfen verurteilten und inhaftierten Ex-Staatschef Lula ins Rennen geschickt. Lula hatte lange Zeit dafür gekämpft, doch noch kandidieren zu können. Haddad, der frühere Bürgermeister der Millionenmetropole São Paulo, hatte deswegen nur einen Monat Zeit für den Wahlkampf.
Zwar landete Bolsonaro in der ersten Wahlrunde weit vor Haddad. Die Stichwahl in drei Wochen dürfte aber deutlich enger werden. Für viele Wähler ist der Rechtspopulist Bolsonaro ein rotes Tuch. Der 55-jährige Haddad dürfte die Unterstützung vieler im ersten Wahlgang unterlegener Kandidaten bekommen. Umfragen hatten zuletzt für die Stichwahl einen sehr knappen Ausgang vorhergesagt.
Haddad sprach am Wahlabend vor Anhängern von einer "goldenen Chance". "Wir wollen die Demokraten dieses Landes vereinen."
Vor allem die Benachteiligten in Brasilien trauern bis heute Lula nach, der umfassende Sozialprogramme für die Armen aufgelegt hatte. Während seiner Amtszeit von 2003 bis 2010 erlebte das lateinamerikanische Land einen wirtschaftlichen Aufschwung.
Doch in der Amtszeit seiner Parteifreundin und Nachfolgerin Dilma Rousseff rutschte Brasilien in eine tiefe Rezession. Rousseff wurde 2016 wegen mutmaßlicher finanzieller Vergehen des Amtes enthoben. Viele Brasilianer machen die Arbeiterpartei für die wirtschaftliche Misere und die weitverbreitete Korruption verantwortlich.
Die Brasilianer wählten am Sonntag auch die Abgeordnetenkammer, zwei Drittel der Senatoren sowie neue Gouverneure und Parlamente in den Bundesstaaten. Ex-Präsidentin Rousseff scheiterte dabei mit dem Versuch, sich zur Senatorin für den Bundesstaat Minas Gerais wählen zu lassen.
(A.Nikiforov--DTZ)