Weltklimarat fordert schnelles Umsteuern zur Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5 Grad
Der Weltklimarat IPCC hat größere Anstrengungen angemahnt, um die Erderwärmung noch auf 1,5 Grad zu begrenzen. Notwendig seien "schnelle, weitreichende und beispiellose Änderungen in allen gesellschaftlichen Bereichen", heißt es in einem Sonderbericht des IPCC, der am Montag im südkoreanischen Incheon veröffentlicht wurde. Damit steigt der Druck auch auf die EU-Umweltminister, die am Dienstag über EU-Klimaziele und schärfere CO2-Grenzwerte für Autos beraten.
Sollte das 1,5-Grad-Ziel verfehlt werden, drohen dem IPCC-Bericht zufolge dramatische Folgen für das Leben auf der Erde. In ihrer Zusammenfassung für politische Entscheidungsträger verweisen die 91 Autoren aus 40 Staaten darauf, dass bereits die schon eingetretene Erwärmung von etwa einem Grad im Vergleich zum vorindustriellen Niveau mit erheblichen Folgen wie häufigerem Extremwetter, steigendem Meeresspiegel und dem Verschwinden arktischen Meereises verbunden sei.
Während früher davon ausgegangen wurde, dass bei einer Erwärmung um zwei Grad die Folgen der Erderwärmung noch halbwegs kontrollierbar sein dürften, erklärte nun der Ko-Vorsitzende der Arbeitsgruppe II des IPCC, der Kieler Klimaforscher Hans-Otto Pörtner: Jede weitere Erwärmung, besonders über 1,5 Grad hinaus, "vergrößert die Gefahr langanhaltender oder nicht mehr umkehrbarer Veränderungen wie etwa dem Verlust von Öko-Systemen".
Der Weltklimarat fordert daher einen Rückgang der globalen CO2-Emissionen deutlich vor 2030 und einen weltweiten Kohleausstieg bis Mitte des Jahrhunderts. "Die kommenden Jahre sind vermutlich die wichtigsten in der Menschheitsgeschichte", warnte die IPCC-Wissenschaftlerin Debra Roberts.
Die Kosten für das notwendige Umsteuern wären dem Bericht zufolge mit schätzungsweise 2,1 Billionen Euro weltweit allein im Energiesektor erheblich. Ohne ein solches Umsteuern hier und in anderen Sektoren wie Verkehr oder Landwirtschaft wäre jedoch noch mit weit höheren Kosten zu rechnen.
"Wir dürfen beim Klimaschutz keine Zeit mehr verlieren", erklärte Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD). Es sei wichtig, "den Abschied von Kohle, Öl und Gas" hinzubekommen, denn "jede vermiedene Tonne CO2, jedes vermiedene Zehntelgrad Erderwärmung zählt", hob sie hervor.
"Die Welt muss den gemeinsamen Ehrgeiz erhöhen", erklärte auch EU-Klimakommissar Miguel Arias Cañete in Brüssel. Für die Gruppe der am wenigsten entwickelten Staaten lobte der Äthiopier Gebru Jember Endalew das starke Plädoyer des IPCC für das 1,5-Grad-Ziel. Derzeit spürten bereits weltweit Menschen "die verheerenden Auswirkungen von einem Grad Erwärmung", erklärte er in Addis Abeba.
Der Umweltverband WWF und weitere Verbände verlangten von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), die Blockade ehrgeizigerer EU-Klimaziele aufzugeben. Merkel hatte kürzlich einem Vorstoß Cañetes für schärfere EU-Klimaziele eine Absage erteilt, den dieser daraufhin zurückzog. Die Bundesregierung lehnt auch die Forderung des EU-Parlaments ab, den CO2-Ausstoß von Autos bis 2030 um 40 Prozent zu senken statt wie von der Kommission vorgesehen lediglich um 30 Prozent.
Der 400-Seiten-Bericht des IPCC stützt sich auf rund 6000 aktuelle wissenschaftliche Beiträge. Das Pariser Klimaschutzabkommen schreibt vor, die Erderwärmung auf deutlich unter zwei Grad und möglichst auf 1,5 Grad zu begrenzen.
(I.Beryonev--DTZ)