China liefert Anhaltspunkt für Verbleib von verschwundenem Interpol-Chef
Nach tagelangem Rätselraten hat China einen Anhaltspunkt für den Verbleib des verschwundenen Interpol-Chefs Meng Hongwei geliefert. Die chinesische Behörde für Korruptionsbekämpfung teilte am Montag (Ortszeit) mit, sie habe Ermittlungen gegen Meng wegen des "Verdachts auf Gesetzesverstöße" aufgenommen. Zuvor hatte die in Frankreich ansässige internationale Polizeibehörde Interpol von China eine Erklärung für das Verschwinden ihres Chefs gefordert.
Der Chinese Meng war am 25. September zu einem Besuch in seinem Heimatland China eingetroffen. Seine Frau gibt an, seitdem nichts mehr von ihm gehört zu haben. Die französische Justiz hatte am Freitag öffentlich erklärt, dass sie zum Verbleib des Behördenchefs ermittle.
Mengs Frau Grace bat am Sonntag die internationale Gemeinschaft um Hilfe. Sie gehe davon aus, dass ihr Mann in seiner Heimat in Gefahr sei, sagte sie auf einer Pressekonferenz in Lyon, wo Interpol seinen Sitz hat.
Er habe ihr am 25. September, dem Tag seiner Ankunft in China, eine Mitteilung über ein soziales Netzwerk geschickt, in der er schrieb: "Warte auf meinen Anruf." Eine zweite Mitteilung habe lediglich aus einem Schwert- Emoji bestanden, der für eine Gefahrensituation steht, berichtete Grace Meng.
Die Ehefrau verlas ihre Erklärung in Lyon mit zitternder Stimme. Aus Angst um ihre Sicherheit drehte sie sich mit dem Rücken zu den Kameras und wollte nicht fotografiert werden.
Interpol-Generalsekretär Jürgen Stock hatte am Samstag erklärt, die Polizeiorganisation habe die Behörden in Peking über "offizielle Kanäle" um Aufklärung über Mengs Verbleib gebeten.
Laut einem Bericht der Hongkonger Zeitung "South China Morning Post" von vergangener Woche wurde der 64-Jährige bei seiner Ankunft in Peking von Vertretern der nationalen Disziplinarkommission abgeführt.
Diese Behörde gab nun die Ermittlungen gegen Meng bekannt. Sie ist unter anderem für die Verfolgung von Korruption in den Reihen der Staatsbediensteten zuständig. Was genau sie Meng zur Last legt, teilte sie nicht mit.
Meng war im November 2016 als erster chinesischer Regierungsvertreter an die Spitze von Interpol gewählt worden. Zuvor war der studierte Jurist in China stellvertretender Minister für Öffentliche Sicherheit.
Unter Präsident Xi Jinping sind in China bereits mehrere hochrangige Beamte verschwunden. Oft tauchten sie nach einigen Monaten als Angeklagte vor Gericht auf. Die Regierung in Peking geht seit einiger Zeit hart gegen Korruption vor.
Sehr ungewöhnlich ist, dass die chinesischen Behörden auf diese Art offenbar mit einem Beamten wie Meng umgehen, den die Volksrepublik für ein Spitzenamt in einer internationalen Organisation benannt hat.
Über Interpol arbeiten 192 Mitgliedstaaten zusammen gegen das internationale Verbrechen. Die Organisation unterstützt maßgeblich den Kampf gegen den Terrorismus, gegen Cyber-Attacken und gegen das organisierte Verbrechen.
(P.Tomczyk--DTZ)