Abstimmungen zu umstrittenem Richterkandidaten Kavanaugh rücken näher
Im US-Senat rücken die letzten Abstimmungen über die Ernennung des umstrittenen Richterkandidaten Brett Kavanaugh näher. Die Senatoren dürften am Freitagvormittag (Ortszeit, 16.30 Uhr MESZ) eine Verfahrensabstimmung abhalten, um die Debatten um die Nominierung des 53-Jährigen für den Obersten Gerichtshof zu beenden. Die Schlussabstimmung könnte am Samstag erfolgen. Zuvor hatten in Washington tausende Menschen gegen den Richterkandidaten demonstriert, der wegen Vorwürfen sexueller Angriffe unter Beschuss geraten ist.
Die Protestierer versammelten sich nahe des US-Kongresses und des Obersten Gerichtshofs in Washington. Auf Plakaten forderten sie "Glaubt den Überlebenden" und "Verratet nicht die Frauen, stimmt mit Nein". Zu der Demonstration hatten Frauenorganisationen und Bürgerrechtsverbände aufgerufen.
Mehrere Frauen werfen dem von US-Präsident Donald Trump für den Supreme Court nominierten konservativen Juristen sexuelle Übergriffe während dessen High-School- und Studienzeit vor. Kavanaugh weist die Vorwürfe entschieden zurück. Die US-Bundespolizei FBI hat die Vorwürfe untersucht und einen vertraulichen Bericht vorgelegt.
Die republikanischen Senatoren sehen Kavanaugh durch den Bericht entlastet: "Diese Untersuchung hat keinen Hinweis auf Fehlverhalten gefunden", erklärte Senator Chuck Grassley, der Chef des Justizausschusses im Senat, am Donnerstag. "Hoffentlich sind wir 48 Stunden davon entfernt, einen neuen Richter im Supreme Court zu haben." Dagegen bemängelten die demokratischen Senatoren die Untersuchung als "unvollständig" und "begrenzt".
Die Senats-Abstimmungen zu Kavanaugh dürften sehr eng werden. Trumps Republikaner haben nur eine hauchdünne Mehrheit von 51 zu 49 Senatoren. Alle Augen richten sich deswegen auf drei republikanische Senatoren, die ihre Wahlabsicht noch nicht offengelegt haben: Jeff Flake aus Arizona, Susan Collins aus Maine and Lisa Murkowski aus Alaska. Sollten alle Demokraten geschlossen gegen Kavanaugh stimmen, könnten sich die Republikaner nur einen Abweichler erlauben.
Das Weiße Haus äußerte sich indes "zuversichtlich" was die Abstimmungen angeht. Präsident Trump bezeichnete Kavanaugh bei einem Wahlkampfauftritt im Bundesstaat Minnesota als "einen der meist-Respektierten", während seine Anhänger "Wir wollen Kavanaugh" riefen.
Der Jurist selbst warb in einem Meinungsbeitrag im "Wall Street Journal" für seine Kandidatur und verteidigte sich gegen Kritik - ein höchst ungewöhnliches Vorgehen für einen Kandidaten für den Obersten Gerichtshof. "Ich bin ein unabhängiger, unparteiischer Richter", schrieb Kavanaugh.
Er verteidigte dabei auch sein Auftreten bei einer Senatsanhörung, in der er zu den Vorwürfen sexueller Angriffe befragt worden war. "Meine Aussage bei der Anhörung war kraftvoll und leidenschaftlich, weil ich die Vorwürfe gegen mich kraftvoll und leidenschaftlich zurückgewiesen habe", schrieb Kavanaugh. "Ich entscheide Fälle nicht auf Grundlage von persönlichen oder politischen Vorlieben."
Bei der Anhörung hatte Kavanaugh die Vorwürfe gegen ihn als politisch motiviert bezeichnet, der "Linken" eine Blockadehaltung gegen ihn vorgeworfen und von einem "Zirkus" gesprochen. Kritiker zogen deswegen seine Eignung für das Amt eines Obersten Richters auf Lebenszeit in Zweifel.
"Ich habe Dinge gesagt, die ich nicht hätte sagen sollen", räumte Kavanaugh im "Wall Street Journal" ein. "Ich hoffe, jeder kann verstehen, dass ich als Sohn, Ehemann und Vater dort war."
(M.Dylatov--DTZ)