Merkel erinnert an "immerwährende Verantwortung" für Kampf gegen Antisemitismus
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat bei einem Besuch in Israel auf die "immerwährende Verantwortung" Deutschlands im Kampf gegen den Antisemitismus hingewiesen. Deutschland müsse immer an die "beispiellosen Verbrechen" der Nationalsozialisten an den Juden erinnern und Antisemitismus, Fremdenfeindlichkeit, Hass und Gewalt entgegentreten, schrieb Merkel am Donnerstag ins Gästebuch der Holocaust-Gedenkstätte Jad Vashem. Anlass der Reise sind die siebten deutsch-israelischen Regierungskonsultationen.
Bei der Verleihung der Ehrendoktorwürde der Universität Haifa zeigte sich die Kanzlerin dankbar dafür, dass es wieder "blühendes jüdisches Leben" in Deutschland gebe. Dieses Leben sei "jetzt Teil der Identität Deutschlands", sagte Merkel. Die Freundschaft mit Israel sei ein "unschätzbares" und "unwahrscheinliches Geschenk vor dem Hintergrund unserer Geschichte".
Merkel war am Mittwoch mit Mitgliedern ihres Kabinetts in Israel angekommen. Am Abend empfing Ministerpräsident Benjamin Netanjahu die Kanzlerin zu einem privaten Essen. In Jad Vashem nahm Merkel am Donnerstag an einer Gedenkzeremonie für die sechs Millionen während des Holocaust getöteten Juden teil und legte einen Kranz nieder.
Bei einer Diskussionsveranstaltung mit Studierenden stand die politische Lage in der Region im Mittelpunkt. Merkel zeigte Verständnis für die harte Haltung Israels gegenüber dem Iran. Sie sei mit der israelischen Regierung einer Meinung, dass alles getan werden müsse, "um die nukleare Bewaffnung des Iran zu verhindern", sagte die Kanzlerin. "Ich bin sehr sehr überzeugt, dass das eine wirklich reale Gefahr auch für Israel ist."
Unterschiedliche Auffassungen gebe es aber nach wie vor in der Frage des Atomabkommens mit dem Iran, an dem Deutschland anders als Israel festhalten will.
Bei einem Mittagessen mit dem israelischen Präsidenten Reuven Rivlin sagte Merkel, sie habe die Sicherheit Israels "immer als Teil unserer Staatsräson bezeichnet". Die Position Deutschlands sei, "immer auch die Interessen Israel ganz nach vorne zu stellen". Zwischen Deutschland und Israel sei eine "gute Partnerschaft" entstanden, "die durchaus auch kritische Diskussionen aushält".
Der Schwerpunkt der Regierungskonsultationen, die seit zehn Jahren abwechselnd in Israel und Deutschland stattfinden, liegt offiziell bei den Themen Wirtschaft, Innovation und Technologie. Bei Informationstechnologie und Cybersicherheit gehören israelische Unternehmen zu den Weltmarktführern. In diesen Bereichen könne Deutschland von Israel "noch Etliches lernen", hatte Merkel vor ihrer Reise gesagt.
Bei den Beratungen der Kabinette dürften am Nachmittag auch außenpolitische Streitfragen zur Sprache kommen. Neben dem Atomstreit mit dem Iran ist ein alter Streitpunkt der Bau jüdischer Siedlungen im Westjordanland. Deutschland und die EU kritisieren regelmäßig die Siedlungspolitik von Netanjahus Regierung. Netanjahu wies die Kritik der EU am Siedlungsbau kürzlich als "total verrückt" zurück.
In den Siedlungen im besetzten Westjordanland und im annektierten Ostteil Jerusalems leben bereits mehr als 600.000 Israelis. Die UNO betrachtet sämtliche Siedlungen als illegal. Die Siedlungsaktivitäten stellen nach Einschätzung der Vereinten Nationen zudem eines der größten Hindernisse auf dem Weg zu einem Frieden zwischen Israel und den Palästinensern dar.
Kurz vor Merkels Besuch hatte eine israelische Ministerin die Kanzlerin mit deutlichen Worten vor einer Einmischung in innere Angelegenheiten Israels gewarnt. "Ich rate ihr, sich mit den Problemen ihres eigenen Landes zu beschäftigen", sagte Kulturministerin Miri Regev am Mittwoch dem rechtsgerichteten Nachrichtenportal Aruz 7.
Regev, die der rechtsgerichteten Likud-Partei von Netanjahu angehört, äußerte sich mit Blick auf den Streit um die Beduinensiedlung Chan al-Ahmar, die auf Geheiß der israelischen Regierung abgerissen werden soll. Am Mittwoch hatten Bewohner vor der deutschen Vertretung in den Palästinensergebieten demonstriert und um Merkels Unterstützung gebeten. Deutschland und mehrere andere EU-Länder haben Israel gebeten, auf den Abriss zu verzichten.
(V.Sørensen--DTZ)