US-Senat soll am Samstag über Richterkandidaten Kavanaugh abstimmen
Vor der bereits für Samstag erwarteten Schlussabstimmung im US-Senat über die Kandidatur von Brett Kavanaugh für den Obersten Gerichtshof haben drei republikanische Senatoren den US-Präsidenten Donald Trump für seine abwertenden Äußerungen zu einem möglichen Vergewaltigungsopfer kritisiert. Ihr Stimmverhalten könnte wegen der knappen Mehrheit der Republikaner im Senat den Ausschlag geben. Mehrere hundert Juraprofessoren bezeichneten Trumps Richterkandidaten unterdessen als nicht geeignet für das Amt und forderten die Ablehnung seiner Bestätigung.
Der republikanische Mehrheitsführer Mitch McConnell setzte für Freitag eine Verfahrensabstimmung und für Samstag eine Schlussabstimmung im Senat an. Bis dahin hätten die Senatoren "reichlich Zeit", einen Bericht des FBI über die gegen Kavanaugh gerichteten Vorwürfe sexueller Angriffe zu bewerten.
Der Bericht der US-Bundespolizei sollte den Senatoren am späten Mittwochabend (Ortszeit) vorgelegt werden. Die Senatoren werden den Bericht in einem sicheren Raum im Kongressgebäude lesen und sich unterrichten lassen können.
Trump hatte bei einem Wahlkampfauftritt in Southaven im Bundesstaat Mississippi am Dienstag die Frau verhöhnt, die seinem umstrittenen Richterkandidaten Kavanaugh eine versuchte Vergewaltigung während einer Teenagerparty im Sommer 1982 vorwirft. Er imitierte Äußerungen der Psychologieprofessorin Christine Blasey Ford während ihrer Anhörung vor dem Justizausschuss des Senats und machte sich über ihre Erinnerungslücken lustig.
Die republikanische Senatorin Lisa Murkowski nannte Trumps Bemerkungen "vollkommen unangemessen". Ihr Senatskollege Jeff Flake sagte, Spott über ein derart sensibles Thema bei einem öffentlichen Auftritt sei "einfach nicht richtig" . "Ich wünschte, er hätte es nicht getan. Es ist fürchterlich", fügte Flake hinzu. Die dritte im Bunde, Susan Collins, nannte Trumps abfällige Äußerungen "schlicht und ergreifend verkehrt".
Collins, Murkowski und Flake gelten bei der anstehenden Abstimmung über Kavanaughs Ernennung zum Obersten Richter auf Lebenszeit als unsichere Kantonisten. Die Republikaner verfügen im Senat über 51 von 100 Mandaten.
Zwei Stimmen aus den republikanischen Reihen gegen Kavanaugh würden reichen, um dessen Nominierung scheitern zu lassen - vorausgesetzt das demokratische Lager stimmt geschlossen mit Nein, was nicht sicher ist. Der Justizausschuss des Senats hatte Kavanaughs Ernennung am Freitag mit der knappen Mehrheit der Republikaner zugestimmt.
Mehr als 650 Professoren der Rechtswissenschaften richteten einen offenen Brief an den Senat. In dem von der "New York Times" am Mittwoch veröffentlichten Schreiben fordern sie die Senatsmitglieder auf, Kavanaugh nicht für den Supreme Court zu bestätigen. Bei seiner Anhörung vor dem Justizausschuss habe er nicht die "Unparteilichkeit und das juristische Naturell" gezeigt, die für das höchste Gericht des Landes erforderlich seien.
Trump stärkte seinem Kandidaten unterdessen erneut den Rücken. Im Kurzbotschaftendienst schrieb er: "Etwas sehr Großes geschieht. Er ist ein feiner Mann mit viel Verstand. Das Land steht voll hinter ihm."
Vor dem Gebäude des Obersten Gerichts protestierten hunderte Kavanaugh-Gegner. Sie trugen Plakate mit Aufschriften wie "Wir werden nicht still sein" oder "Ich glaube Überlebenden. Nein zu Kavanaugh". Die 58-jährige Demonstrantin Lorraine Tripoli sagte, den ganzen Tag über hätten sie und ihre Mitstreiter die Senatsmitglieder davon zu überzeugen versucht, nicht für Kavanaugh zu stimmen.
Die geplante Ernennung des 53-jährigen Juristen zum Obersten Richter auf Lebenszeit ist vor den Anfang November anstehenden Teilwahlen zum US-Kongress längst zu einem Politikum geworden. Sie würde einen deutlichen Rechtsruck des Supreme Court bedeuten.
(U.Beriyev--DTZ)