May will bevorzugten Status von EU-Arbeitnehmern nach dem Brexit beenden
Die britische Premierministerin Theresa May will nach dem Brexit den bevorzugten Status für Arbeitnehmer aus der EU beenden. In einer Erklärung Mays an den Parteitag ihrer Konservativen Partei kündigte sie am Dienstag neue Regeln für die Einwanderung an. Mit der Bevorzugung von Arbeitnehmern aus der EU sei nach Großbritanniens Austritt Schluss. Ex-Außenminister Boris Johnson nutzte seinen Auftritt beim Parteitag, um Mays Brexit-Kurs erneut scharf zu kritisieren.
"Zum ersten Mal seit Jahrzehnten wird dieses Land selbst kontrollieren und auswählen, wen wir hierher kommen lassen wollen", erklärte May. Das neue System werde es ermöglichen, die Einwanderung von gering qualifizierten Arbeitskräften und die Zuwanderung insgesamt einzuschränken. Entscheidend sei die Qualifikation, nicht die Herkunft der Einwanderer, legte die Regierungschefin dar.
May fügte hinzu, die britische Bevölkerung habe zu lang das Gefühl gehabt, dass sie in Sachen Einwanderung "ignoriert" werde und ihre Anliegen "nicht ernst genug" genommen würden. Ein Weißbuch zur Einwanderung will die Regierung noch in diesem Herbst vorlegen, ein entsprechender Gesetzentwurf soll 2019 vorgelegt werden. Der Brexit ist für Ende März 2019 geplant.
Bislang profitieren EU-Bürger von der Personenfreizügigkeit, wenn sie in Großbritannien arbeiten wollen. Innerhalb der EU können sie den Wohn- und Arbeitsort frei wählen. Laut Mays Plänen bräuchten sie künftig ein Visum für Großbritannien.
Innenminister Sajid Javid erklärte, der Brexit biete die "einmalige Chance", das Einwanderungssystem zu überarbeiten. Beim Einbürgerungstest müssten "britischen Werte" künftig eine größere Rolle spielen.
Die Tories sind beim Thema EU-Austritt tief gespalten. Die innerparteilichen Differenzen traten am Dienstag erneut offen zutage. Ex-Außenminister Johnson nannte Mays Strategie "gefährlich und unbeständig". Der Plan der Regierungschefin bedeute eine "politische Demütigung", sagte er vor 1500 Delegierten beim Parteitag in Birmingham.
"Dies ist nicht das, wofür wir gestimmt haben. Das ist eine Schande", sagte Johnson. Seine 35-minütige Rede, die von Witzen und bissigen Kommentaren durchsetzt war, wurde mehrmals von Lachern und Jubelrufen aus dem Publikum unterbrochen.
Gegen Johnsons Attacken regte sich in Birmingham aber auch Widerstand. Finanzminister Philip Hammond warf seinem früheren Kabinettskollegen vor, in einer "Fantasiewelt" zu leben. Die Abgeordnete Anna Soubry rief Johnson zur Zurückhaltung auf: "Das Letzte, was wir derzeit brauchen, ist ein Führungsstreit."
Johnson gilt in den Brexit-Verhandlungen der britischen Regierung mit der EU als Mays Hauptwidersacher. Erst am Wochenende hatte er die Pläne der Regierungschefin für den EU-Austritt als "völlig grotesk" bezeichnet. Johnson war im Juli zurückgetreten, weil er den Brexit-Kurs der Regierung als zu nachgiebig erachtete.
Kurz vor dem Parteitag hatte Johnson seinen eigenen Plan für den EU-Austritt vorgestellt. Mit Blick auf die Grenze zwischen Irland und Nordirland schlug er vor, die Zollkontrollen abseits der eigentlichen Grenze mit modernen technischen Methoden vorzunehmen, um eine "harte" Grenze zu vermeiden. Zudem warb Johnson für ein Freihandelsabkommen mit der EU nach dem Vorbild des europäisch-kanadischen Ceta-Abkommens.
(I.Beryonev--DTZ)