Deutsche Tageszeitung - Merkel im Volk und ihrer Partei politisch vor dem Ende?

Merkel im Volk und ihrer Partei politisch vor dem Ende?


Merkel im Volk und ihrer Partei politisch vor dem Ende?
Merkel im Volk und ihrer Partei politisch vor dem Ende? / Foto: ©

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat in der Unionsfraktion eine schwere Niederlage erlitten und es scheint sie klammert sich nur noch an die Macht, anstatt mit Würde und Anstand zurückzutreten, denn bei der Wahl des Fraktionsvorsitzenden unterlag der von ihr unterstützte langjährige Amtsinhaber Volker Kauder dem Herausforderer Ralph Brinkhaus (alle CDU). Der bisherige Stellvertreter Kauders erhielt bei der Abstimmung am Dienstag überraschend mit 52,7 Prozent der Stimmen die knappe Mehrheit.

Textgröße ändern:

Eine sichtlich mitgenommene Merkel räumte ihre Niederlage ein. Sie habe Kauder unterstützt, sagte Merkel in einer ersten Stellungnahme vor dem Saal der Unionsfraktion im Bundestag. Es gebe aber "Stunden der Demokratie", in der es auch Niederlagen gebe. Daran sei "nichts zu beschönigen", sagte die Kanzlerin.

Der neugewählte Fraktionschef Brinkhaus sagte kurz nach seiner Wahl, er freue sich "riesig" über seinen Erfolg. Er habe "ganz großen Respekt" vor der Leistung Kauders, der sich seiner Amtszeit großes Ansehen erworben habe. Nunmehr gelte es, wieder ganz schnell an die Arbeit zu gehen, fügte Brinkhaus hinzu.

Der seit 13 Jahren amtierende Kauder musste sich erstmals einem Herausforderer stellen. Im Vorfeld war mit seiner Wiederwahl gerechnet worden. Brinkhaus hatte sich im Vorfeld der Wahl für einen Neuanfang an der Spitze der Unionsfraktion ausgesprochen, wollte seine Kandidatur aber nicht als Illoyalität gegenüber Merkel verstanden wissen. Sein Wahlsieg gleicht nun jedoch einem politischen Erdbeben für die Union.

Kauder gilt als enger Vertrauter und treuer Weggefährte Merkels: Er war 2005 zu Beginn von Merkels Kanzlerschaft erstmals zum Chef der Unionsfraktion gewählt worden und hatte das Amt so lange inne wie keiner seiner Vorgänger. Zuletzt nahm die Unzufriedenheit mit seiner Arbeit in der Fraktion jedoch zu. Als Wendepunkt gelten die getrennten Sitzungen der Abgeordneten von CDU und CSU während des heftigen Streits um die Flüchtlingspolitik im Frühsommer.

Kauders Abwahl dürfte als Zeichen des unionsinternen Machtverlusts Merkels gedeutet werden. Allerdings ist die Niederlage auch ein Schuss vor den Bug von CSU-Chef und Innenminister Horst Seehofer, der Kauders Wiederwahl ebenfalls unterstützt hatte. "Jetzt hat man das Ergebnis zu respektieren, das ist so in der Demokratie", sagte Seehofer, der "keine weitere Bewertung" des Wahlergebnisses abgeben wollte.

Die Fraktion habe Kauder in einem "langen Applaus für seine herausragende Arbeit der letzten 13 Jahre gedankt", berichtete CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt, als er mit Wahlsieger Brinkhaus vor die Presse trat. "Ich freue mich auf die gute Zusammenarbeit für die Zukunft", sagte Dobrindt, der die historische Abstimmung geleitet hatte, an den Wahlsieger gerichtet. Brinkhaus erwarte ein "herausforderndes Amt", fügte Dobrindt hinzu. "Du hast Dich in vollem Bewusstsein um dieses Amt beworben und das Vertrauen der Fraktion heute erhalten."

FDP-Chef Christian Lindner bewertete die Wahl von Brinkhaus als ein "Zeichen gegen eine Fortsetzung der großen Koalition auf Dauer". Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter bezeichnete die Union als "zutiefst gespalten". Linken-Chef Bernd Riexinger sieht Merkel nach der Wahl von Brinkhaus "massiv geschwächt". Bundestagsvizepräsident Thomas Oppermann (SPD) sprach von einem "Aufstand gegen Merkel".  (A.Nikiforov--DTZ)

Empfohlen

Bericht: Bislang rund 180 unerlaubte Einreiseversuche an Westgrenze festgestellt

Nach Ausweitung der Grenzkontrollen auf alle deutschen Landgrenzen wurden einem Medienbericht zufolge an der Westgrenze bislang 182 unerlaubte Einreiseversuche festgestellt. Dies berichtete die "Welt am Sonntag" am Samstag unter Berufung auf interne Statistiken der Bundespolizeidirektionen. Von diesen bis Donnerstag an den Grenzen zu den Niederlanden, Belgien, Luxemburg und Frankreich registrierten Einreiseversuche wurden demnach hundert mit einer Zurückweisung verhindert - die Menschen also direkt zurückgeschickt.

Hisbollah bestätigt Tötung von weiterem ranghohen Kommandeur durch Israel

Nach der Tötung ihres ranghohen Militärchefs Ibrahim Akil durch Israel hat die pro-iranische Hisbollah-Miliz den Tod eines weiteren ranghohen Kommandeurs bekanntgegeben. Bei dem israelischen Luftangriff am Freitag im Süden der libanesischen Hauptstadt sei außer dem Chef der Elite-Einheit Radwan auch deren Kommandeur Ahmed Mahmud Wahbi getötet worden, erklärte die Hisbollah am Samstag. Wahbi leitete demnach die militärischen Operationen der Radwan-Einheit zur Unterstützung der radikalislamischen Hamas zwischen dem 7. Oktober und dem Jahresbeginn.

FDP zweifelt an Sinn von Habecks Autogipfel - Klage über "Missmanagement" bei VW

Die FDP hat Zweifel an dem von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) für Montag einberufenen Autogipfel geäußert. "Statt neuer Subventionen für nur eine Branche braucht es strukturelle Reformen, von denen die gesamte Wirtschaft profitiert", sagte der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Christoph Meyer am Samstag der Nachrichtenagentur AFP in Berlin. Die Regierung müsse nun Maßnahmen gegen Bürokratie und staatliche Überregulierung durchsetzen: "Die schnelle Umsetzung der Wachstumsinitiative hilft auch VW und wirkt besser als jeder Autogipfel."

Ostbeauftragter Schneider hält BSW für "One-Hit-Wonder"

Trotz der Wahlerfolge in Sachsen und Thüringen und der guten Umfragewerte für die anstehenden Landtagswahlen in Brandenburg rechnet der Ostbeauftragte der Bundesregierung, Carsten Schneider (SPD), nicht damit, dass das Bündnis Sarah Wagenknecht (BSW) sich als Partei auf Dauer etabliert. Das BSW sei vermutlich eher ein "One-Hit-Wonder", sagte er der Rheinischen Post (Samstagsausgabe). "Sahra Wagenknecht ist eine Polarisierungsunternehmerin, der die Fähigkeit fehlt, Menschen für den Fortschritt zu begeistern und pragmatisch konkrete Probleme zu lösen", fügte er hinzu.

Textgröße ändern: