Putin und Erdogan einigen sich auf demilitarisierte Zone im syrischen Idlib
Die gefürchtete Offensive auf Idlib scheint abgewendet: Russlands Präsident Wladimir Putin und der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan einigten sich am Montag auf die Schaffung einer demilitarisierten Zone in der syrischen Provinz. Sie solle 15 bis 20 Kilometer breit sein und ab Mitte Oktober zwischen Rebellen und Regierungstruppen verlaufen, sagte Putin in Sotschi. Eine Offensive auf die Rebellenhochburg wird nach den Worten des russischen Verteidigungsministers Sergej Schoigu damit verhindert.
Putin und Erdogan hatten in der russischen Schwarzmeerstadt mehr als vier Stunden lang über den Syrien-Konflikt beraten. Die demilitarisierte Zone soll nach Angaben von Putin von türkischen und russischen Patrouillen kontrolliert werden. Schwere Waffen wie Panzer und Raketenwerfer sollen bis zum 10. Oktober aus der Zone abgezogen werden. Auch "alle radikalen Kämpfer" wie die Dschihadistengruppe Hajat Tahrir al-Scham (HTS), die 60 Prozent der Provinz Idlib kontrolliert, sollen die Zone verlassen.
Die Türkei, die eine neue Fluchtwelle fürchtet, versucht seit längerem, eine Offensive der Regierungstruppen auf Idlib zu verhindern. Ein Gipfeltreffen zwischen der Türkei, Russland und dem Iran am 7. September hatte zunächst keine Annäherung gebracht. Mit der Vereinbarung von Sotschi werde eine "große humanitäre Krise" verhindert, sagte Erdogan in Sotschi. In der Türkei leben seit dem Beginn des Bürgerkriegs im benachbarten Syrien 2011 bereits drei Millionen syrische Flüchtlinge.
Auch Schoigu schloss eine Militäroffensive aus. Auf die Frage, ob es nun keinen Angriff der Regierungstruppen auf Idlib geben werde, antwortete der Verteidigungsminister mit "Ja", wie die russischen Nachrichtenagenturen Interfax und Tass berichteten.
Russland unterstützt im Syrien-Konflikt den syrischen Machthaber Baschar al-Assad, seit 2015 auch militärisch. Die Türkei steht auf der Seite der Rebellen. Die syrische Armee bereitete mit Unterstützung Russlands bereits eine Offensive auf die Provinz Idlib vor, die überwiegend von islamistischen Kämpfern kontrolliert wird. Da es die letzte Rebellenhochburg in Syrien ist, wurden erbitterte Gefechte und eine Massenflucht erwartet.
Russlands Außenminister Sergej Lawrow hatte am Freitag bei einem Besuch in Berlin gesagt, es sei keine Großoffensive auf Idlib geplant. Russland werde zudem alles unternehmen, um ein Leiden der Zivilbevölkerung zu verhindern. Dies bekräftigte am Montag auch ein Sprecher des Außenministeriums in Teheran, eines weiteren Assad-Verbündeten. Eine Sprecherin des Auswärtigen Amtes in Berlin bekräftigte, dass eine "humanitäre Katastrophe" in Idlib verhindert werden müsse.
Am Sonntag hat die Türkei einem Medienbericht zufolge bereits einen ihrer Beobachtungsposten in Idlib stark aufgerüstet. Wie die Zeitung "Hürriyet" berichtete, brachte ein Konvoi von 50 Militärfahrzeugen Panzer und andere militärische Ausrüstung zu dem Beobachtungsposten in Dschisr al-Schughur im Südwesten von Idlib. Es handelte sich demnach um die größte militärische Verstärkung der Türkei in der nordsyrischen Provinz seit Anfang September.
Die Türkei unterhält in Idlib zwölf Beobachtungsposten, um die Einhaltung einer Waffenruhe zwischen den syrischen Regierungstruppen und Rebellen zu überwachen, die dort mit Russland und dem Iran vereinbart worden war. Auf den Beobachtungsposten sind mehrere hundert türkische Soldaten stationiert.
(P.Tomczyk--DTZ)