Deutsche Tageszeitung - Journalist Can Dündar: Der Westen hat die Türkei im Stich gelassen

Journalist Can Dündar: Der Westen hat die Türkei im Stich gelassen


Journalist Can Dündar: Der Westen hat die Türkei im Stich gelassen
Journalist Can Dündar: Der Westen hat die Türkei im Stich gelassen / Foto: ©

Der türkische Journalist Can Dündar hat dem Westen vorgeworfen, die Türkei im Stich gelassen zu haben. Europa lasse sich von Präsident Recep Tayyip Erdogan und "seiner Drohung, drei Millionen syrische Flüchtlinge herüberzuschicken, erpressen", sagte der ehemalige Chefredakteur der Zeitung "Cumhuriyet" im Interview, nach Information von Deutsche Tageszeitung, in Paris. "Wir verteidigen die sogenannten westlichen Werte in der Türkei", sagte Dündar. Wegen dieses Kampfes säßen Menschen im Gefängnis.

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Im Interview sprach er von einer "Wolke aus Angst", die über der Türkei hänge. Die Leute hätten Angst davor, miteinander zu reden. "Wenn man die Regierung über seinen Nachbarn informiert, wird man belohnt und der Nachbar bestraft", sagte Dündar. Dieses System funktioniere "sehr gut heutzutage" in der Türkei.

Zwar sei das Land auch vor Erdogan "kein Paradies" gewesen, es habe aber eine "sehr große Chance" für Kinder gegeben, über Demokratie zu lernen. Die Türkei hätte "ein Vorbild für die muslimische Welt" werden können, bekräftigte der Journalist.

Dündar war 2015 wegen eines Berichts über verdeckte Waffenlieferungen des türkischen Geheimdienstes an islamistische Rebellen in Syrien angeklagt worden. Die Anklage wertete den Bericht als Geheimnisverrat. Im Mai 2016 wurde er zu fünf Jahren und zehn Monaten Haft verurteilt, im Juli 2016 ging er ins Exil nach Deutschland. Er werde seinen Kopf nicht "unter die Guillotine" legen, sagte Dündar damals.

In Paris traf Dündar zusammen mit einer Delegation der Organisation Reporter ohne Grenzen Frankreichs Präsidenten Emmanuel Macron.

Die Türkei steht auf der aktuellen Rangliste der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen auf Platz 157 von 180 Ländern. Ankara weist alle Vorwürfe wegen Beeinflussung der Presse zurück. Es würden lediglich Journalisten festgenommen, die in Verbindung mit "terroristischen Organisationen" stehen.

Dazu zählt die Regierung die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) und die Bewegung des Predigers Fethullah Gülen, den sie für den gescheiterten Putsch von 2016 verantwortlich macht.  (M.Dylatov--DTZ)

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