US-Filmproduzent Weinstein stürzt immer tiefer
Tiefer Absturz des einst mächtigen Hollymoodmoguls: Nach dem Rauswurf durch sein eigenes Filmstudio sieht sich Harvey Weinstein im Skandal um seine mutmaßlichen sexuellen Attacken nun auch mit einer polizeilichen Untersuchung konfrontiert. Die New Yorker Polizei teilte am Donnerstag mit, sie gehe einem Vorfall von 2004 nach, ohne Details zu nennen. Laut einem Zeitungsbericht soll es um den Vorwurf der Vergewaltigung gehen.
Nach Informationen der "Daily News" bezieht sich die Untersuchung auf den Fall einer Frau namens Lucia Evans, die seinerzeit Schauspielerin werden wollte. Sie berichtete dem Magazin "New Yorker", dass Weinstein sie unter einem Vorwand in das New Yorker Büro des Filmstudios Miramax gelockt habe. Dort sei der Produzent über sie hergefallen und habe sie zum oralen Sex gezwungen.
Laut Recherchen des Magazins "New Yorker" beschuldigen neben Evans noch zwei weitere Frauen den Mogul der Vergewaltigung. Darüber hinaus gibt es zahlreiche Vorwürfe der sexuellen Belästigung gegen Weinstein. Wegen des Skandals war er am vergangenen Wochenende von seinem Filmstudio entlassen geworden. Am Dienstag gab dann seine Frau Georgina Chapman ihre Trennung von dem 65-Jährigen bekannt.
Unter den Frauen, welche die Anschuldigungen erheben, sind Superstars wie die Schauspielerinnen Angelina Jolie und Gwyneth Paltrow. Zuletzt berichtete auch Model und Schauspielerin Cara Delevingne, dass Weinstein ihr gegenüber zudringlich geworden sei. Über die Einzelschicksale hinaus tritt dabei inzwischen immer deutlicher der zugrundeliegende Skandal von noch größerer Dimension zutage: Weinsteins Verhalten war offenbar vielen in der Branche seit Jahren bekannt.
Die französische Schauspielerin Léa Seydoux, die sich selbst als Weinstein-Opfer beschrieb, sagte der britischen Zeitung "The Guardian", "alle" in Hollywood hätten von dessen Verhalten gewusst. "Das ist das Widerlichste daran", sagte sie. "Es ist unglaublich, dass er sich jahrzehntelang so verhalten konnte und trotzdem seine Karriere machte."
Der Branchenjournalist Alex Ben Block, der früher der Chefredaktion des Fachblatts "The Hollywood Reporter" angehörte, sagte der Nachrichtenagentur AFP: "Viele Leute haben gute Gründe, nicht darüber zu sprechen". "Die meisten Frauen" aus Weinsteins Umfeld hätten befürchtet, "dass es ihrer Karriere schadet, wenn sie an die Öffentlichkeit gehen". Weinstein sei ein "Käufer", ein "Anwerber", dem niemand habe missfallen wollen. Viele hätten "Angst" gehabt.
Die US-Filmakademie und die Leitung des Filmfestivals von Cannes zeigten sich angewidert angesichts der Vorwürfe. Die US-Akademie, die Weinstein-Produktionen mit 81 Oscars ausgezeichnet hatte, kündigte für kommenden Samstag Beratungen über die Anschuldigungen und ihr weiteres Vorgehen an.
Das von Weinstein mitbegründete Filmstudio hatte ihn am Wochenende entlassen. Die Weinstein Company beteuerte, sie habe nichts von den Vorfällen gewusst. Doch die "New York Times" berichtete unter Berufung auf einen Anwalt Weinsteins, dass es außergerichtliche Einigungen mit drei oder vier Frauen gegeben habe, damit diese über die Vorfälle Stillschweigen wahrten.
Auch die US-Justiz geriet in dem Skandal in Erklärungsnot. Das Model Ambra Battilana Gutierrez wandte sich mit ihren Vorwürfen 2015 an die Polizei. Diese habe sie verkabelt zu einem weiteren Treffen mit Weinstein geschickt, berichtete der "New Yorker".
Die Tonaufnahmen belegten demnach, wie Weinstein sich dafür entschuldigt habe, Batillana Gutierrez’ Brust begrapscht zu haben, und wie er sie zu einem Hotelbesuch drängte. Doch der zuständige Staatsanwalt Cyrus Vance sah von einer Strafverfolgung ab - angeblich aus Mangel an Beweisen, wie er am Mittwoch sagte.
(W.Novokshonov--DTZ)