Trittin: Unionseinigung zum Familiennachzug widerspricht Integrationsbemühungen
Der Grünen-Politiker Jürgen Trittin hat die Einigung der Union in der Flüchtlingspolitik kritisiert. Beim Familiennachzug habe sich die CSU durchgesetzt, die "dauerhaft den Familiennachzug unterbinden" wolle, sagte Trittin der "Rheinischen Post" (Dienstagsausgabe). Dies laufe nicht nur allen Integrationsbemühungen entgegen, sondern sei auch eine "Verleugnung urchristlicher Werte".
Die von CDU und CSU geplanten sogenannten Entscheidungs- und Rückführungszentren seien zudem "nichts anderes als die Abschiebezentren", sagte der frühere Grünen-Fraktionschef im Bundestag. Er frage sich, wie dies in einer möglichen Koalition mit Grünen und FDP umgesetzt werden solle. Auch die Ausweitung der Liste der sicheren Herkunftsländer lehnten die Grünen "mit sehr guten Gründen" ab, da sie "auf ein Aushebeln grundlegender menschenrechtlicher Standards" hinauslaufe, sagte Trittin.
Ablehnend äußerte sich auch der NRW-Landeschef der Grünen und Bundestagsabgeordnete, Sven Lehmann. "Wir wollen den Familiennachzug wieder ermöglichen. Denn er erleichtert Integration", sagte Lehmann dem "Kölner Stadt-Anzeiger" vom Dienstag. Er äußerte die Erwartung, der "merkwürdige Formel-Kompromiss" der Union werde bis zu deren Koalitionsverhandlungen mit FDP und Grünen halten, "länger nicht".
Skeptische Töne kamen auch von der brandenburgischen Grünen-Bundestagsabgeordneten Annalena Baerbock, die wie Trittin Mitglied des Verhandlungsteams der Grünen für Sondierungsgespräche mit Union und FDP ist. "Unsere Position ist klar: Eine Obergrenze ist verfassungswidrig und mit dem Grundgesetz nicht vereinbar", sagte sie der "Märkischen Allgemeinen Zeitung" vom Dienstag.
CDU und CSU hatten sich darauf geeinigt, dass die Obergrenze für die Aufnahme von Flüchtlingen bei 200.000 pro Jahr liegen soll, das Recht auf Asyl aber unangetastet bleibt. Das Wort "Obergrenze" kommt in dem Beschluss nicht vor. Für Fachkräfte soll es ein Zuwanderungsgesetz geben. Der Familiennachzug für Flüchtlinge mit dem eingeschränkten subsidiären Schutz soll nach dem Willen der Union über das bisherige Enddatum März 2018 hinaus ausgesetzt bleiben.
Angesichts der herben Verluste der Unionsparteien bei der Bundestagswahl bei gleichzeitigem Erstarken der AfD hatte die CSU darauf gepocht, vor Verhandlungen mit FDP und Grünen über eine Jamaika-Koalition den gemeinsamen Kurs mit der CDU zu klären und dabei wieder stärker auf konservative Positionen zu setzen. Sondierungsgespräche zwischen den vier möglichen Koalitionsparteien CDU, CSU, FDP und Grüne sollen kommende Woche beginnen.
(V.Sørensen--DTZ)