Unionsparteien legen Streit um Obergrenze bei
Der Streit um die Flüchtlingspolitik hat die Union an den Rand der Trennung gebracht, nun erzielten die Spitzen von CDU und CSU eine Einigung: Nach stundenlangen Beratungen verständigten sich die Parteispitzen um Angela Merkel und Horst Seehofer am Sonntag darauf, dass im Jahr nicht mehr als 200.000 Menschen in Deutschland aufgenommen werden sollen. Das Wort "Obergrenze" kommt in dem Beschluss nicht vor. Für Fachkräfte soll es ein Zuwanderungsgesetz geben.
"Wir setzen unsere Anstrengungen fort, die Zahl der nach Deutschland und Europa flüchtenden Menschen nachhaltig und auf Dauer zu reduzieren", erklären CDU und CSU in einem gemeinsamen Papier. Dadurch solle sichergestellt werden, dass "sich eine Situation wie die des Jahres 2015 nicht wiederholen wird und kann", heißt es in Bezug auf den Höhepunkt der Flüchtlingskrise weiter. "Das garantieren wir."
Angesichts der herben Verluste der Unionsparteien bei der Bundestagswahl bei gleichzeitigem Erstarken der AfD hatte die CSU darauf gepocht, vor Verhandlungen mit FDP und Grünen über eine Jamaika-Koalition den gemeinsamen Kurs mit der CDU zu klären und dabei wieder stärker auf konservative Positionen zu setzen. Nachdem die CSU den Wählern eine Obergrenze für die Aufnahme von Flüchtlingen von 200.000 im Jahr versprochen hatte, stand Parteichef Seehofer unter Druck, hier zu liefern.
Ausdrücklich bekennen sich CDU und CSU nun zum Recht auf Asyl und zur Genfer Flüchtlingskonvention, sie schlagen aber in der Flüchtlingspolitik einen härteren Kurs ein als bisher. Zwar fehlt das Wort "Obergrenze" in dem zweiseitigen Papier, die Zahl 200.000 kommt jedoch vor.
Sie bezieht sich auf "Flüchtlinge und Asylbewerber, subsidiär Geschützte, Familiennachzug" sowie Aufnahmeprogramme. Konkret wollen CDU und CSU erreichen, dass die Gesamtzahl der Aufnahmen aus "humanitären Gründen" 200.000 Menschen im Jahr nicht übersteigt.
Das wollen die Unionsparteien unter anderem sicherstellen durch Bekämpfung von Fluchtursachen, Schutz der EU-Außengrenzen, Zusammenarbeit mit Herkunft- und Transitländern nach Vorbild des EU-Türkei-Abkommens, gemeinsame Asylverfahren und Abschiebungen der Europäischen Union sowie eine Reform des Dublin-Systems. Zudem soll die Liste der sicheren Herkunftstaaten zumindest um die Maghreb-Staaten erweitert und die Kontrollen an den deutschen Grenzen verlängert werden.
Der Familiennachzug für sogenannte subsidiär Geschützte soll ausgesetzt bleiben. Zudem will die Union Asylverfahren für alle neu Ankommenden in "Entscheidungs- und Rückführungszentren" bündeln. Dort sollen Asylsuchende bleiben müssen, bis über ihren Antrag entschieden wurde.
Sollte das Ziel der Aufnahmebegrenzung "wider Erwarten durch internationale oder nationale Entwicklungen nicht eingehalten werden, werden die Bundesregierung und der Bundestag geeignete Anpassungen des Ziels nach unten oder oben beschließen", heißt es in dem Beschluss. Merkel und Seehofer wollen das Ergebnis der Beratungen am Montag um 12.00 Uhr auf einer Pressekonferenz vorstellen.
Mit der Einigung haben CDU und CSU den Grundstein für Verhandlungen mit FDP und Grünen über eine Jamaika-Koalition gelegt. Als positiv dürften die potenziellen Koalitionspartner bemerken, dass sich die Unionsparteien zu einem Zuwanderungsgesetz für Fachkräfte bereit erklären. Die Begrenzung der Aufnahme von Flüchtlingen wird Verhandlungen aus Sicht der Grünen jedoch erschweren.
(P.Tomczyk--DTZ)