CDU und CSU erzielen Kompromiss im Streit um Flüchtlingspolitik
CDU und CSU haben den Grundstein für Verhandlungen mit FDP und Grünen über eine Jamaika-Koalition gelegt. Die Spitzen der beiden Unionsparteien erzielten am Sonntag in stundenlangen Verhandlungen eine Grundsatzeinigung über die Begrenzung der Flüchtlingsaufnahme. Zudem vereinbarten sie, den Zuzug von ausländischen Fachkräften durch ein Zuwanderungsgesetz zu regeln.
CDU und CSU wollten erst ihren gemeinsamen Kurs klären, bevor sie Gespräche mit FDP und Grünen über eine gemeinsame Koalition aufnehmen. Eine Runde führender Unionsvertreter um die Parteichefs Angela Merkel (CDU) und Horst Seehofer (CSU) war dazu am Mittag in der CDU-Parteizentrale in Berlin zu Gesprächen zusammengekommen.
Nach stundenlangen Beratungen hieß es dann aus Unionskreisen: Ein "grundsätzlicher Kompromiss steht". Es werde aber noch an einer "Einigung im Detail gearbeitet". Am Abend wurde Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) zu den andauernden Verhandlungen hinzugeholt.
Der sich abzeichnende Kompromiss sieht nach Informationen der Nachrichtenagentur AFP vor, dass es - wie von der CSU gefordert - eine Grenze für die Aufnahme von Flüchtlingen in Höhe von 200.000 Menschen jährlich geben soll. Das betreffe aber nur die von der Bundesregierung kontrollierbare Aufnahme wie den Familiennachzug, mögliche Kontingente für Flüchtlinge oder das EU-Türkeiabkommen.
"Das Grundrecht auf Asyl wird nicht angetastet", hieß es weiter. Demnach sollen keine Asylsuchenden an der deutschen Grenze abgewiesen werden. Von einer Unterscheidung zwischen den verschiedenen Gruppen der nach Deutschland kommenden Menschen hatte zuvor bereits CDU-Präsidiumsmitglied Jens Spahn gesprochen.
Es gebe bei CDU und CSU das gemeinsame Verständnis, "dass wir begrenzen müssen, weil eine Gesellschaft sonst überfordert wird", sagte Spahn in der ARD. Es gehe darum, zu unterscheiden zwischen Asylrecht nach dem Grundgesetz, Kontingenten für Flüchtlinge sowie gezielter Steuerung von Zuwanderung in den Arbeitsmarkt bei sicheren EU-Außengrenzen.
Die CDU hatte die Forderung der CSU nach einer Obergrenze für die Aufnahme von Flüchtlingen stets mit der Begründung abgelehnt, für das Grundrecht auf Asyl könne es keine Obergrenze geben. Durch eine Trennung zwischen aus individuellen Gründen Asylsuchenden und Flüchtlingen könnten die Unionsparteien es schaffen, ihren andauernden Streit um die Flüchtlingspolitik beizulegen.
Den Angaben zufolge vereinbarten die Unionsparteien auch ein Zuwanderungsgesetz für Fachkräfte. Damit dürften CDU und CSU auf Zustimmung bei FDP und Grünen treffen, die ebenfalls eine solche Regelung befürworten. Eine Begrenzung der Aufnahme von Flüchtlingen wird die Bildung einer Jamaika-Koalition aus Sicht der Grünen jedoch erschweren.
"Die Asyl-Obergrenze ist verfassungs- und völkerrechtswidrig. Die CSU muss diese Forderung endlich fallen lassen", sagte der Grünen-Haushaltsexperte Sven-Christian Kindler den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland (Montagsausgaben). Auch Versuche der Union, eine Obergrenze unter anderem Namen einzuführen, seien zum Scheitern verurteilt.
Die Menschenrechtsorganisation Pro Asyl kritisierte, dass die Union offenbar den Familiennachzug begrenzen will. "So eine Grenze ist die reine Willkür und damit grundgesetzwidrig", erklärte Pro-Asyl-Geschäftsführer Günter Burkhardt. "Sollen etwa Familienangehörigen nur bis zu einer willkürlich definierten Zahl der Nachzug und die Rettung erlaubt werden und der Rest bleibt in Gefahr?"
(M.Dylatov--DTZ)