Anti-Atomwaffenbewegung Ican wird mit dem Friedensnobelpreis geehrt
Vor dem Hintergrund der Sorge um die Atomprogramme Nordkoreas und des Iran erhält die Internationale Kampagne zur Abschaffung von Atomwaffen (Ican) den Friedensnobelpreis. Die Organisation werde für ihren Kampf für eine atomwaffenfreie Welt gewürdigt, teilte das Nobelpreis-Komitee am Freitag in Oslo mit. Während UN-Generalsekretär Antonio Guterres die Entscheidung begrüßte, reagierte die NATO kühl. Die Bundesregierung betonte die "Notwendigkeit einer nuklearen Abschreckung", Russland verwies auf die Notwendigkeit eines "atomaren Gleichgewichts".
"Wir leben in einer Welt, in der das Risiko, dass Atomwaffen eingesetzt werden, so groß ist wie schon lange nicht mehr", sagte die Vorsitzende des Nobelpreis-Komitees, Berit Reiss-Andersen. "Einige Staaten modernisieren ihre nuklearen Arsenale, und die Gefahr, dass sich weitere Länder Atomwaffen beschaffen, ist real, wie das Beispiel Nordkorea zeigt."
Ican erhalte die Auszeichnung für ihre Arbeit, mit der sie auf die "katastrophalen humanitären Folgen" von Atomwaffen aufmerksam mache und für ihre "bahnbrechenden Bemühungen", ein Verbot solcher Waffen auf Basis eines Vertrags zu erreichen. Die 2007 als Zusammenschluss von mehr als 300 Nichtregierungsorganisationen gegründete Ican hatte sich maßgeblich für den von 122 UN-Staaten unterzeichneten Vertrag zum Verbot von Atomwaffen eingesetzt. Die neun Atommächte haben den Vertrag allerdings nicht unterzeichnet.
Die Ican-Vorsitzende Beatrice Fihn sagte, die Politik von US-Präsident Donald Trump gegenüber Nordkorea und dem Iran zeigten deutlich, wie gefährlich Atomwaffen seien. Trump hatte Nordkorea Ende September mit "völliger Zerstörung" gedroht. Nach mehreren nordkoreanischen Atomwaffen- und Raketentests war in den vergangenen Monaten die Sorge vor einem Atomkonflikt gestiegen.
Trump ist zudem ein Gegner des Atomabkommens mit dem Iran. Zeitungsberichten will er das Abkommen nicht erneut bestätigen. "Dies ist eine Zeit großer globaler Spannungen, in der feurige Rhetorik nur allzu leicht zu unaussprechlichem Grauen führen könnte", erklärte Ican.
UN-Generalsekretär Guterres gratulierte der Organisation: "Mehr denn je brauche wir jetzt eine Welt ohne Atomwaffen", erklärte er. Eine UN-Sprecherin bezeichnete die Ehrung mit dem Nobelpreis als "gutes Omen" für die Ratifizierung des Atomwaffenverbots. Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini, die wegen ihrer Beteiligung am Atomdeal mit dem Iran selbst als Anwärterin auf den Friedensnobelpreis gehandelt worden war, begrüßte die Auszeichnung für Ican. "Wir teilen ein starkes Engagement, das Ziel einer atomwaffenfreien Welt zu erreichen".
Die Nato dagegen reagierte kühl. Er begrüße, "die Aufmerksamkeit für das Thema" der Abrüstung, sagte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg. Die Nato bedaure, dass "die Voraussetzung für atomare Abrüstung derzeit nicht günstig sind - doch Bemühungen zu einer Abrüstung müssen die Realität der derzeitigen Sicherheitsstrukturen berücksichtigen".
Ein Kreml-Sprecher betonte, es gebe "keine Alternative zum atomaren Gleichgewicht". Russland sei "ein verantwortungsbewusstes Mitglied des Atom-Clubs" und setze sich aktiv für die Nichtweiterverbreitung von Atomwaffen ein.
Vize-Regierungssprecherin Ulrike Demmer sagte, die Bundesregierung unterstütze das Ziel einer Welt ohne Atomwaffen. "Wir müssen allerdings auch erkennen, dass Atomwaffen von einigen Staaten als Mittel für eine militärische Auseinandersetzung betrachtet werden. Insofern besteht die Notwendigkeit einer nuklearen Abschreckung fort."
(W.Novokshonov--DTZ)