Spitzentreffen: CDU und CSU suchen gemeinsamen Kurs
Vor dem Spitzentreffen von CDU und CSU am Sonntag steigt der Druck auf die Unionsparteien, sich auf eine gemeinsame Linie für die Verhandlungen über ein Jamaika-Bündnis zu verständigen. FDP und Grüne wollen die Sondierungen über ein Regierungsbündnis schnellstmöglich beginnen. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt bezweifelte jedoch, dass die Unionsparteien bei nur einem Treffen alle Streitpunkte ausräumen können.
"Es geht nicht um Kommazeichen, es geht um Grundsätzliches", sagte Dobrindt in einem aktuellen Interview. "Ohne eine Klärung, ob wir auch noch inhaltlich Schwestern sind, können wir nicht in Sondierungsgespräche gehen." Angesichts der Verluste der Union bei der Bundestagswahl und des starken Abschneidens der AfD verlangt die CSU, wieder verstärkt konservative Positionen zu besetzen. Zwei Wochen nach der Wahl kommen die Unionsspitzen um die Parteichefs Angela Merkel (CDU) und Horst Seehofer (CSU) am Sonntag in Berlin erstmals zusammen, um über den gemeinsamen Kurs zu beraten. Erst danach soll es Gespräche mit FDP und Grünen über ein Jamaika-Bündnis geben.
Den beiden potenziellen Koalitionspartnern dauert das zu lange. "Ich erwarte von CDU und CSU, dass sie ihren Streit am Sonntag beilegen", drängte Grünen-Chef Cem Özdemir igegenüber Medienvertretern. Ähnlich ungeduldig zeigte sich die FDP-Vizevorsitzende Katja Suding hierzu. Spätestens direkt nach der Landtagswahl in Niedersachsen am 15. Oktober müssten die Gespräche beginnen, forderten beide.
Das wohl schwierigste Thema in den Unionsberatungen ist die Forderung der CSU nach einer Obergrenze für die Aufnahme von Flüchtlingen. "Das haben wir den Menschen zugesagt", unterstrich der CSU-Vizevorsitzende Manfred Weber gegenüber Journalisten.
Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) sieht in dem Punkt klar "unterschiedliche Positionen" der Unionsparteien. Der Merkel-Vertraute sagte in der "Passauer Neuen Presse" (Donnerstagsausgabe) jedoch auch: "Ich bin sicher, dass wir da zu einer gemeinsamen Position kommen." Kauder verwies darauf, dass von Januar bis August 123.000 neue Asylsuchende registriert worden seien. "Es ist also eingetreten, was auch die Bundeskanzlerin immer versprochen hat: Die Zahl der Flüchtlinge hat sich verringert."
Eine mögliche Lösung könnte sein, stärker zwischen den verschiedenen Arten von Flüchtlingen zu unterschieden. "Wir brauchen im Koalitionsvertrag definitiv die Unterscheidung zwischen Asyl, Flucht und Zuwanderung von Menschen, die aus wirtschaftlichen Gründen hier leben wollen", sagte der Vorsitzende der Jungen Union, Paul Ziemiak (CDU), zu Deutsche Tageszeitung. "Und diese klassische Zuwanderung, die muss natürlich begrenzt sein und das muss auch in dem Koalitionsvertrag festgeschrieben sein."
Als Reaktion auf den starken Zuspruch zur AfD macht sich die Union zudem Gedanken darüber, die Lebensbedingungen auf dem Land zu verbessern. "In einem Heimatministerium könnte man die Bedeutung des ländlichen Raums stärken", schlug der Thüringer CDU-Fraktionsvorsitzende Mike Mohring in einem Interview vom Donnerstag vor. Dies "wäre eine gute Antwort auf die Sorgen der Bürger in Ost und West, die sich abgehängt fühlen". (U.Beriyev--DTZ)