Massiver Anstieg bei Verfahren wegen Gefährdung des Kindeswohls
Die Jugendämter in Deutschland haben im vergangenen Jahr deutlich häufiger eine Gefährdung des Kindeswohls prüfen müssen. Wie das Statistische Bundesamt am Mittwoch in Wiesbaden mitteilte, stieg die Zahl der entsprechenden Verfahren im Vergleich zum Vorjahr um 5,7 Prozent auf 136.900 Verfahren. Auch die Zahl der am Ende tatsächlich als Gefährdung des Kindeswohls eingestuften Fälle stieg demnach, aber nicht ganz so deutlich.
So sei in 21.600 Fällen eindeutig eine akute Kindeswohlgefährdung festgestellt worden, ein Plus von 3,7 Prozent. In 24.200 Fällen konnte eine Gefährdung nicht ausgeschlossen werden, ein Plus von 0,1 Prozent. In 46.600 Fällen - plus acht Prozent - sahen die Jugendämter zwar keine Gefährdung, dafür aber weiteren Hilfe- und Unterstützungsbedarf. In 44.500 vielen Fällen sahen die Ämter weder Gefährdung noch Hilfebedarf, dies bedeutete ein Plus von 7,8 Prozent. Die meisten der rund 45.800 Kinder in einer akuten oder latenten Gefährdungslage wiesen Anzeichen von Vernachlässigung auf, dies war demnach bei 61,1 Prozent der Fall. In 28,4 Prozent der Fälle seien Anzeichen für psychische Misshandlungen festgestellt worden, bei 25,7 Prozent und damit ebenfalls mehr als 11.000 Kindern auch Anzeichen für körperliche Misshandlungen. Anzeichen für sexuelle Gewalt seien in 4,4 Prozent der Fälle von Kindeswohlgefährdung festgestellt worden.
Die Gefährdungseinschätzungen betrafen in etwa gleich häufig Jungen und Mädchen. Besonders häufig betroffen waren Kleinkinder, fast jedes vierte Verfahren betraf Kinder von unter drei Jahren. Drei- bis fünfjährige Kinder waren in einem Fünftel (19,4 Prozent) der Verfahren betroffen, Kinder im Grundschulalter zwischen sechs und neun Jahren in 22,7 Prozent der Fälle. Mit zunehmendem Alter nehmen die Gefährdungseinschätzungen der Statistik zufolge ab.
Mit einem Anteil von 22,1 Prozent machten am häufigsten Polizei, Gerichte oder Staatsanwaltschaften die Jugendämter auf eine mögliche Kindeswohlgefährdung aufmerksam. In 12,9 Prozent der Fälle kamen die Hinweise von Schulen oder Kindertageseinrichtungen, bei 11,6 Prozent waren es Bekannte oder Nachbarn. Etwa jeden zehnten Hinweis erhielten die Jugendämter anonym. (S.A.Dudajev--DTZ)