Brexit-Unterhändler sehen neue Bewegung in Brüsseler Gesprächen
In die Verhandlungen zwischen Großbritannien und der EU über den Brexit ist nach Einschätzungen der Unterhändler etwas Bewegung gekommen: Zum Abschluss der vierten Gesprächsrunde am Donnerstag in Brüssel konstatierte der britische Brexit-Minister David Davis "maßgebliche Fortschritte", EU-Chefunterhändler Michel Barnier sprach von einer "neuen Dynamik". Eine rasche Einigung in den Knackpunkten erwarteten beide Unterhändler aber nicht.
EU-Unterhändler Barnier äußerte sich zum Abschluss der Brüsseler Runde positiv über die Brexit-Grundsatzrede der britischen Premierministerin Theresa May von vergangener Woche. Mays Konzessionen hätten die festgefahrene Verhandlungssituation gelockert. "Allerdings braucht es noch mehrere Wochen oder Monate, bis wir sagen können, dass es ausreichenden Fortschritt bei den Prinzipien eines geordneten Austritts gibt", fügte Barnier hinzu.
Die Feststellung "ausreichender Fortschritte" ist die Voraussetzung für den Start der zweiten Verhandlungsphase, in der es um die künftigen Beziehungen zwischen der EU und Großbritannien und um die von London gewünschte Klärung der Handelsbeziehungen nach dem Brexit gehen soll. Geplant war, dass die EU-Chefs auf dem Brüsseler Gipfel Ende Oktober darüber entscheiden, ob sie ausreichende Fortschritte sehen.
Diese Terminplanung steht aber wegen der anhaltenden Differenzen in Frage. Im EU-Parlament wurde am Donnerstag ein fraktionsübergreifender Resolutionsentwurf vorgestellt, der die EU-Chefs auffordert, ihr Urteil über die Fortschritte bei den Verhandlungen auf einen Zeitpunkt nach dem Gipfel im Oktober zu verschieben.
May hatte in ihrer Brexit-Rede in Aussicht gestellt, dass Großbritannien nach dem EU-Austritt für eine Übergangsperiode von zwei Jahren weitere Gelder in den EU-Haushalt einzahlen wird. Dies war in Brüssel als Zugeständnis gewertet worden.
Davis resümierte nach den Gesprächen in Brüssel, dass beträchtliche Fortschritte "bei den wichtigen Themen" gemacht worden seien. Er lobte die "konstruktive und entschlossene" Art und Weise, mit der beide Seiten verhandelt hätten.
Zu den zentralen Fragen der derzeitigen ersten Verhandlungsphase gehören die künftigen Rechte der 3,2 Millionen EU-Bürger in Großbritannien, die Finanzforderungen an London und der Status Nordirlands.
Das schleppende Vorankommen der Brüsseler Brexit-Gespräche veranlasste derweil die britischen Gewerkschaften und Unternehmerverbände zu einer ungewohnten gemeinsamen Initiative: In einer Erklärung warfen sie den Unterhändlern vor, seit dem Brexit-Referendum vor 15 Monaten eine Art "Menschenpoker" zu spielen und wichtige Entscheidungen über die Zukunft Großbritanniens aufzuschieben.
Es sei "nicht hinnehmbar", dass bislang keine Einigung über die künftigen Rechte von EU-Bürgern in Großbritannien erzielt worden seien, hieß es in der gemeinsamen Erklärung des Gewerkschaftsdachverbands Trades Union Congress und des Unternehmerverbands CBI.
(M.Dylatov--DTZ)