Deutsche Tageszeitung - Prozess gegen hungerstreikende Akademiker in der Türkei fortgesetzt

Prozess gegen hungerstreikende Akademiker in der Türkei fortgesetzt


Prozess gegen hungerstreikende Akademiker in der Türkei fortgesetzt
Prozess gegen hungerstreikende Akademiker in der Türkei fortgesetzt / Foto: ©

In Ankara ist am Donnerstag der Prozess gegen zwei hungerstreikende Akademiker fortgesetzt worden, die in der Türkei zum Symbol des Protests gegen die Massenentlassungen seit dem Putschversuch von Juli 2016 geworden sind. Der Lehrer Semih Özakca war erstmals selbst im Gerichtssaal anwesend, wie eine AFP-Korrespondentin berichtete. Er war deutlich abgemagert und hatte einen langen Bart. Die Literaturdozentin Nuriye Gülmen dagegen nahm nicht teil.

Textgröße ändern:

Laut ihren Angehörigen war Gülmen in der Nacht zu Dienstag "gewaltsam" auf die Intensivstation des Gefängnisses von Sincan gebracht worden, wo sie seit Mai inhaftiert ist. Özakcas Frau Esra sagte, da ihr Gesundheitszustand die Verlegung nicht rechtfertige, gehe sie davon aus, dass Gülmen damit an der Teilnahme an ihrem Prozess gehindert werden sollte.

Gülmen und Ozakca gehören zu den mehr als 140.000 Staatsangestellten, die seit dem gescheiterten Militärputsch von Juli 2016 entlassen oder suspendiert wurden. Wie die meisten Betroffenen wurden sie per Notstandsdekret ohne Angabe genauer Gründe ihrer Posten enthoben. Aus Protest begannen sie am 9. März auf einem Platz in Ankara einen Hungerstreik.

Gülmen und Ozakca wurden dutzende Male von der Polizei in Gewahrsam genommen, bevor die Justiz sie am 22. Mai in U-Haft nahm. Die Justiz wirft ihnen Mitgliedschaft in der DHKP-C vor, einer linksextremen Gruppierung, die sporadisch Anschläge verübt. Gülmen und Ozakca weisen die Vorwürfe zurück und werfen der Justiz vor, sie zum Schweigen bringen zu wollen.

Laut ihren Angehörigen haben Gülmen und Özakca seit Beginn des Hungerstreiks im März 18 und 33 Kilo verloren. Demnach nehmen sie nur gezuckertes und gesalzenes Wasser, Kräutertee und Vitamin B1 zu sich. Ihr Protest hat zu einer breiten Solidarisierung linker Gruppen geführt, doch drängen sie viele Unterstützer, nicht ihr Leben aufs Spiel zu setzen und ihren Hungerstreik abzubrechen.

(V.Korablyov--DTZ)

Empfohlen

Frankreichs Rechtspopulistin Le Pen weist zum Prozessauftakt Vorwürfe zurück

Die französische Rechtspopulistin Marine Le Pen hat zum Auftakt eines Prozesses wegen der Veruntreuung von EU-Geldern alle Vorwürfe zurückgewiesen. Sie habe "keine Vorschriften verletzt", sagte sie am Montag in Paris. "Ich gehe diesen Prozess mit großer Gelassenheit an", betonte sie. Vor Gericht wolle sie die "parlamentarische Freiheit" verteidigen. "Wir haben weder gegen politische Regeln noch gegen die Vorschriften des Europäischen Parlaments in irgendeiner Weise verstoßen", betonte die Fraktionschefin des Rassemblement National kurz vor der Eröffnung des Prozesses.

Venezuelas Oppositionsführerin Machado mit Vaclav-Havel-Preis des Europarats ausgezeichnet

Der Vaclav-Havel-Preis des Europarats geht in diesem Jahr an die venezolanische Oppositionsführerin María Corina Machado. Dies gab der Europarat am Montag in Straßburg bekannt. "Ich möchte diese Anerkennung den Millionen von Venezolanerinnen und Venezolanern widmen, die täglich die Werte von Václav Havel verkörpern", sagte Machado über den Menschenrechtspreis in einer Ansprache per Videoschalte.

Widerstand in SPD-Fraktion gegen Asylreform wächst - Erklärung von 35 Abgeordneten

In der Bundestagsfraktion der SPD wächst der Widerstand gegen die Koalitionspläne für Verschärfungen in der Migrationspolitik. "Es darf nicht sein, dass nach Anschlägen wie in Solingen reflexartig die Migrationspolitik ins Visier genommen wird", heißt es in einer am Montag vorgelegten Erklärung, die von 35 SPD-Bundestagsabgeordneten unterzeichnet wurde. Die Abgeordneten kritisieren insbesondere Maßnahmen wie den Ausschluss von Sozialleistungen, anlasslose Grenzkontrollen und die Ausweitung von Inhaftierungen.

Grüne wollen auf Zukunftskongress neu Schwung holen

Die Grünen wollen nach ihren Wahlniederlagen in mehreren Bundesländern mit einem Zukunftskongress ihrer Bundestagsfraktion neuen Schwung holen. "Die Welt von morgen braucht zentrale Weichenstellungen heute", sagte Fraktionschefin Britta Haßelmann am Montag zum Auftakt der Veranstaltung in Berlin. Es gehe darum, "ein positives, optimistisches Bild von einer besseren Zukunft" für Deutschland zu zeichnen. Dafür sei genau jetzt der richtige Zeitpunkt, hob sie auch mit Blick auf die aktuellen Turbulenzen bei den Grünen hervor.

Textgröße ändern: