Grüne stellen die Weichen für Gespräche über Jamaika-Koalition
Die Grünen nehmen Kurs auf die Gespräche über eine Jamaika-Koalition mit Union und FDP: Der 14-köpfigen Verhandlungsdelegation sollen nach Parteiangaben vom Dienstag neben den Spitzenkandidaten Katrin Göring-Eckardt und Cem Özdemir auch Ko-Fraktionschef Anton Hofreiter und Ko-Parteichefin Simone Peter angehören - sowie der Parteilinke Jürgen Trittin. Die alten und neuen Fraktionsmitglieder kamen am Dienstag zu einer ersten Sitzung zusammen, auch dabei ging es um Jamaika.
Zu der Kommission gehören weiterhin Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann, der schleswig-holsteinische Umweltminister Robert Habeck, Parlaments-Geschäftsführerin Britta Haßelmann, die ehemaligen Parteivorsitzenden Claudia Roth und Reinhard Bütikofer, Bundesgeschäftsführer Michael Kellner sowie die Bundestagsabgeordneten Annalena Baerbock, Agnieszka Brugger und Katja Dörner.
Um personelle Kontinuität zu wahren, soll die Fraktionsspitze mit den beiden Vorsitzenden Göring-Eckardt und Hofreiter kommissarisch im Amt bleiben. Eine formelle Entscheidung dazu gab es aber anders als zunächst erwartet am Dienstag noch nicht. Sie soll demnächst fallen. Endgültig wollen die Grünen erst nach den Gesprächen über eine Jamaika-Koalition ihre Fraktionsführung neu wählen. Beide Fraktionschefs gelten als mögliche Minister in einer Jamaika-Regierung.
Göring-Eckardt sagte, sie rechne mit "komplizierten Verhandlungen". Hofreiter sagte, die Grünen wollten "sehr ernsthaft" über ein mögliches Jamaika-Bündnis reden. Es gebe aber "keinen Automatismus", dass sie auch gelingen werden. Was die Partei vor der Wahl beschlossen habe, gelte auch nach der Wahl. "Entscheidend ist, dass die Klimakrise wirklich angegangen wird."
Trittin rief seine Partei auf, sich in einem möglichen Jamaika-Bündnis um die soziale Gerechtigkeit in Deutschland zu kümmern. "In einer solchen Konstellation müssen die Grünen linker werden", sagte er dem RBB-Sender Radio Eins am Dienstag in Berlin. Es müsse sich jemand um das "Stück soziale Gerechtigkeit" kümmern, das die SPD liegen gelassen habe, "nachdem sie sich in den Schmollwinkel zurückgezogen hat".
Auch Habeck erwartet schwierige Gespräche über eine mögliche Jamaika-Koalition. Es gebe gravierende Unterschiede zwischen den drei Parteien, sagte er dem SWR. Er sprach dabei von "Sollbruchstellen". Außerdem seien nach dem Wahlergebnis von Sonntag die Voraussetzungen für ein solches Bündnis "die denkbar schwierigsten".
Erste Ankündigungen von CSU und Teilen der CDU ließen vermuten, dass die Union angesichts des Wahlerfolgs der AfD "eher nach rechts" tendieren werde, sagte Habeck. Das verringere die Chancen auf einen gemeinsamen Weg. Er räumte aber zugleich ein, dass es nach der SPD-Absage an eine große Koalition zu Jamaika praktisch keine Alternative gebe.
Die Grünen wollen auf einem Länderrat am Samstag offiziell entscheiden, ob sie zu Sondierungen über ein Jamaika-Bündnis bereit sind. Es wird dabei mit einer Zustimmung gerechnet. Nach Abschluss von Sondierungen soll dann ein Parteitag über die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen beraten. Dafür ist bislang der 21. Oktober vorgesehen. Ob es dabei bleibt, ist aber ungewiss.
Die Grünen hatten bei der Wahl am Sonntag 8,9 Prozent der Stimmen erzielt. Sie verfügen über 67 Sitze im neuen Bundestag - vier mehr als im bisherigen.
(U.Beriyev--DTZ)