Berliner SPD versagt im Streit um Flughafen Tegel nach Volksentscheid
Der Sieg der Unterstützer des Volksentscheids für eine Offenhaltung des Berliner Flughafens Tegel hat am Montag keine Gewissheit über die Zukunft des innerstädtischen Flughafens gebracht. "Meine Position ist glasklar, und die hat sich auch seit gestern nicht verändert", sagte Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) nach einem Treffen des Koalitionsausschusses am Montag. Müller und sein rot-rot-grüner Senat lehnen einen Weiterbetrieb Tegels ab.
Die Berliner Wähler hatten sich am Sonntag deutlich für eine Offenhaltung des Flughafens im Nordwesten Berlins ausgesprochen. Bei einer Wahlbeteiligung von 71,3 Prozent stimmten 56,1 Prozent für den Weiterbetrieb und nur 41,7 Prozent für die Schließung. Allerdings ist der Volksentscheid rechtlich nicht bindend und fordert den Senat lediglich zum Handeln auf. Müller will das Ergebnis nun mit den übrigen Gesellschaftern des neuen Flughafens BER besprechen, dem Land Brandenburg und der Bundesregierung. Er werde rasch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Brandenburgs Ministerpräsidenten Dietmar Woidke (SPD) anschreiben. Beide hatten sich bislang ebenfalls gegen die Weiternutzung Tegels ausgesprochen.
Er werde die beiden Gesellschafter fragen, ob sie ihre Position angesichts des Volksentscheids verändern wollten, sagte Müller weiter. Allerdings müsse abgewartet werden, wann der Bund "sprachfähig" sei. Nach der Bundestagswahl stehen schwierige Verhandlungen über eine Regierungsbildung bevor.
Die Berliner FDP hatte den Volksentscheid initiiert und forderte nun eine Umsetzung von dessen Ergebnis. Müller sei "klar aufgefordert worden, etwas für die funktionierende Stadt zu tun", sagte der FDP-Fraktionschef im Abgeordnetenhaus, Sebastian Czaja. "Dieses Ergebnis kann der Regierende Bürgermeister nicht umdeuten und nicht in eine Kommission abschieben."
Müller griff seinerseits die Liberalen scharf an. "Ich befürchte, dass die FDP es tatsächlich geschafft hat, an dieser Stelle und mit dieser Frage die Stadt zu spalten", sagte er im Rundfunk Berlin-Brandenburg. "Damit jetzt verantwortungsvoll umzugehen, das wird schwer sein."
"Für mich ist die rechtliche Lage keine andere als vor dem Volksentscheid", sagte Müller nach dem Treffen mit den Koalitionsspitzen. Er warnte vor einer einseitigen Kündigung des gemeinsamen Landesentwicklungsplans mit Brandenburg. Dieser schreibt vor, dass spätestens sechs Monate nach Eröffnung des BER der Altflughafen Tegel zu schließen ist. Eine einseitige Absage an gemeinsame Pläne wäre "abenteuerlich", sagte Müller.
Demokratieaktivisten verlangten, das Wählervotum ernst zu nehmen. "Der nächste Schritt zur Umsetzung des Volksentscheids sollte nun eine gründliche rechtliche Prüfung sein", erklärte der Verein Mehr Demokratie Berlin-Brandenburg. "Auch wenn der Weg zur Offenhaltung Tegels steinig sein mag, das Bürgervotum muss vom Senat ernst genommen werden."
Die Tegel-Befürworter argumentieren vor allem mit den mangelnden Kapazitäten des BER, der voraussichtlich nicht vor 2019 in Betrieb geht. Dagegen verweist der Senat auf Pläne für einen späteren Ausbau des BER und auf weniger Fluglärm bei einer Schließung Tegels. Der Start des neuen Hauptstadtflughafens ist um mindestens acht Jahre verzögert. Als Ursachen gelten technische Probleme, Fehlplanungen sowie Pfusch am Bau. (V.Sørensen--DTZ)