Washington und Pjöngjang setzen gegenseitige Drohgebärden fort
Nordkorea und die USA setzen ihre gegenseitigen Drohgebärden fort. Die USA ließen am Samstag Kampfbomber entlang der Küste Nordkoreas fliegen, um ihre militärische Stärke zu unterstreichen. Pjöngjang drohte mit einem Angriff auf das "gesamte US-Festland". In der nordkoreanischen Hauptstadt versammelten sich zehntausende Menschen zu einer antiamerikanischen Großkundgebung. Befürchtungen eines neuerlichen nordkoreanischen Raketentests bestätigten sich nicht.
Eine Staffel von B-1B-Bombern und F-15-C Eagle-Kampfjets flog am Samstag vor der nordkoreanischen Ostküste über internationalen Gewässern. Dies sei eine "Demonstration der Entschlossenheit der USA und eine klare Botschaft, dass der Präsident viele militärische Optionen hat, jegliche Bedrohung zurückzuschlagen", sagte Pentagon-Sprecherin Dana White. Noch nie im 21. Jahrhundert seien US-Kampfflugzeuge vor der nordkoreanischen Küste derart weit nach Norden vorgedrungen.
In Pjöngjang nahmen zehntausende Studenten, Soldaten und Arbeiter an einer Großkundgebung gegen die USA und Trump teil. Ein riesiges Transparent zeigte unter dem Slogan "Koreas Antwort" rote Raketen, die über einem einstürzenden US-Kapitol niedergehen.
In einer Rede vor der UN-Vollversammlung beschimpfte Nordkoreas Außenminister Ri Yong Ho US-Präsident Donald Trump als "geistig verwirrten" und "größenwahnsinnigen" Mann, der derzeit die "größte Bedrohung für den Frieden weltweit" darstelle. Präsident Trumps Drohung mit der vollständigen Vernichtung Nordkoreas mache "einen Besuch unserer Raketen auf dem gesamten Festland der USA umso unvermeidlicher", sagte Ri. Trump lasse Nordkorea keine andere Wahl, als mit dem "nuklearen Hammer der Gerechtigkeit" zu reagieren.
Trump reagierte am späten Samstagabend auf Twitter mit Drohungen: Er habe gerade Ri vor der UNO gehört, und "falls er die Gedanken des kleinen Raketenmannes wiedergibt - sie werden beide nicht mehr lange da sein!" Als "kleinen Raketenmann" hatte Trump zuvor Machthaber Kim Jong Un bezeichnet.
Unruhe löste am Samstag ein Erdbeben der Stärke 3,5 im Bereich des nordkoreanischen Atomtestgeländes aus, das von chinesischen Experten zunächst als "mutmaßliche Explosion" eingestuft wurde. Andere Experten erklärten jedoch nach eingehender Prüfung, der Erdstoß sei vermutlich eine Spätfolge des schweren Atomtests, den Nordkorea Anfang des Monats gezündet hatte. Später erklärten auch die chinesischen Erdbebenforscher, das Beben sei natürlichen Ursprungs.
Nordkorea hatte am 3. September seinen bislang stärksten Atomwaffentest abgehalten. Das Ausland war damals durch ein Erdbeben der Stärke 6,3 darauf aufmerksam geworden. Später dann meldete Pjöngjang die "erfolgreiche" Zündung einer Wasserstoffbombe, die sich auch als Raketensprengkopf nutzen lasse.
Pjöngjangs sechster Atomwaffen- sowie eine Reihe weiterer Raketentests sorgten bei der internationalen Staatengemeinschaft für große Besorgnis. Als Reaktion auf den Atomtest verhängte der UN-Sicherheitsrat vor knapp zwei Wochen weitere Strafmaßnahmen gegen das weitgehend isolierte Land. Die USA wollen unbedingt verhindern, dass Nordkorea seine Waffentechnik so weit entwickelt, dass es Atomraketen auf das US-Festland abfeuern kann. Pjöngjang wiederum argumentiert, es brauche Atomwaffen, um sich vor Bedrohungen durch die USA zu schützen.
(V.Sørensen--DTZ)