USA: Die Abschaffung von "Obamacare" droht zu Scheitern
Die von US-Präsident Donald Trump im Wahlkampf versprochene Abschaffung von "Obamacare" droht endgültig zu scheitern. Der republikanische Senator John McCain erklärte am Freitag in Washington, er könne nicht "guten Gewissens" für den Rückbau des Gesundheitssystems stimmen. Damit haben bereits zwei Republikaner ihr Nein angekündigt; im Senat hat die Partei nur eine knappe Mehrheit.
McCain kritisierte, der vorliegende Entwurf der Republikaner Lindsey Graham und Bill Cassidy habe nicht die üblichen Anhörungen und Änderungsverfahren im Senat durchlaufen. Zudem gebe es keine Bewertung durch den parteiunabhängigen Rechnungshof des Kongresses (CBO). Er könne kein Gesetzesvorhaben unterstützen, "ohne zu wissen, was es kostet (...) und wie vielen Menschen dadurch geholfen oder geschadet wird". Zugleich rief der 81-Jährige dazu auf, mit den Demokraten zusammen an einer Lösung zu arbeiten.
Noch vor dem 30. September, wenn das Haushaltsjahr endet, will Trump eigentlich über den Reformvorschlag abstimmen lassen. Die Republikaner verfügen im Senat nur über eine knappe Mehrheit von 52 der 100 Sitze, die oppositionellen Demokraten sind geschlossen gegen den Gesetzentwurf.
Nach dem Nein von McCain und seinem Kollegen Paul Rand braucht sich nur noch ein einziger weiterer Republikaner dagegen zu entscheiden, und das Reformvorhaben wäre gescheitert. Große Bedenken haben bereits die als moderat geltenden Senatorinnen Susan Collins und Lisa Murkowski verlauten lassen.
Es ist das zweite Mal in zwei Monaten, dass sich McCain gegen die Mehrheit seiner Partei und Präsident Trump stellt. Dieser hatte die Abschaffung von "Obamacare" und seinen Ersatz durch ein stärker marktwirtschaftlich orientiertes Modell zu einem zentralen Wahlkampfversprechen gemacht. Ende Juli war McCain kurz nach einer Operation wegen eines Hirntumors nach Washington zurückgekehrt, um an einer Abstimmung über die Gesundheitsreform teilzunehmen - er stimmte dagegen.
Trump räumte ein, dass die erneute Absage McCains einen Rückschlag für ihn darstelle. Es werde "etwas schwieriger" ohne die Stimme McCains, sagte der Präsident bei einer Rede in Alabama am Freitagabend. Aber er werde nicht aufgeben, und am Ende werde er gewinnen, versprach er seinen Anhängern. Beifall bekam der Parteirebell McCain von den Demokraten. Der führende Senator Chuck Schumer erklärte, der Vietnam-Veteran habe im Kongress "denselben Mut bewiesen wie als Pilot". Der Fernseh-Komiker Jimmy Kimmel, der eine Kampagne gegen die Abschaffung von "Obamacare" gestartet hat, schrieb auf Twitter: "Danke, Senator McCain, dass Sie wieder und wieder und heute wieder ein Held sind."
Das Reformvorhaben spaltet nicht nur das Land, sondern auch die Republikaner: Dem erzkonservativen Parteiflügel gehen die geplanten Einschnitte in die Gesundheitsversorgung nicht weit genug - Moderate fürchten um die Auswirkungen für Millionen von US-Bürgern, denen der Verlust ihres Versicherungsschutzes droht. Das Repräsentantenhaus, wo die Republikaner über eine deutliche Mehrheit verfügen, hatte mit einiger Mühe einen eigenen Entwurf im Mai verabschiedet.
Durch "Obamacare", das nach Trumps Vorgänger Barack Obama benannt ist, war der Anteil der Bürger ohne Krankenversicherung in den vergangenen Jahren von 16 auf unter neun Prozent gesunken. Allerdings gilt das System auch unter den Demokraten als überholungsbedürftig, unter anderem wegen des teilweise starken Anstiegs von Versicherungsbeiträgen. (V.Korablyov--DTZ)