Front-National-Vize Philippot verlässt nach Zerwürfnis mit Le Pen die Partei
Ein Führungsstreit bei Frankreichs rechtspopulistischer Front National (FN) ist eskaliert: Der einflussreiche Vizevorsitzende Florian Philippot kündigte am Donnerstag seinen Austritt aus der Partei an. Nach seiner Entmachtung durch Parteichefin Marine Le Pen werde er "natürlich die Front National verlassen", sagte der 35-jährige Parteistratege dem Sender France 2. Bei den Rechtspopulisten tobt seit Le Pens Niederlage bei der Präsidentschaftswahl ein Kampf um die Ausrichtung der Partei.
Le Pen hatte ihrem langjährigen Vertrauten am Mittwoch die Zuständigkeit für Strategie und Kommunikation entzogen - Philippot wurde damit zum Vizevorsitzenden ohne Aufgabenbereich. "Man hat mir gesagt, dass ich Vize-Präsident für nichts bin", sagte Philippot auf France 2. Das sei "lächerlich", und es habe ihm noch nie gefallen, "nichts zu tun".
Vordergründig drehte sich der Streit um eine politische Vereinigung namens "Die Patrioten", die Philippot nach der Präsidentschaftswahl im Mai gegründet hatte. Le Pen forderte den 35-Jährigen zuletzt wiederholt auf, den Vorsitz über diese Vereinigung aufzugeben und sich auf seine Aufgaben als FN-Vize zu konzentrieren. Philippot wies dies zurück und verteidigte "Die Patrioten" als Beitrag zu den Debatten über eine von Le Pen angestoßene "Neugründung" der Front National.
Die Wurzeln des Konflikts liegen aber tiefer: Philippot, einer der Baumeister der Strategie einer "Entteufelung" der FN, setzte auf soziale Themen, Wirtschaftsprotektionismus und einen entschieden Anti-EU- und Anti-Euro-Kurs. Er stand damit im Gegensatz zum traditionellen FN-Flügel, für den der Kampf gegen Einwanderung und "Islamismus" oberste Priorität hat und der eher wirtschaftsliberal gesinnt ist.
Nachdem Le Pen im Frühjahr mit einem scharfen Anti-Euro-Kurs bei der Präsidentschaftswahl scheiterte, wurde Philippot dafür mitverantwortlich gemacht. Zuletzt schien der traditionelle FN-Flügel in der Partei wieder die Oberhand zu gewinnen.
Er beobachte bei der FN "eine furchtbare Rückkehr nach hinten", sagte Philippot am Donnerstag. "Die FN wird von ihren alten Dämonen eingeholt." Bei dem Projekt einer Neugründung der FN habe er offenbar "keinen Platz". Der Streit um seine Vereinigung "Die Patrioten" sei nur ein "Vorwand", um ihn aus der Partei zu drängen.
Le Pen reagierte am Donnerstag scharf auf die Äußerungen ihres langjährigen Vertrauten: Philippot stelle sich als "Opfer" dar, sagte die Parteichefin der Nachrichtenagentur AFP und weiteren französischen Medien. Seine Kritik an der Partei sei stellenweise "verleumderisch".
Die Tochter von Parteigründer Jean-Marie Le Pen hatte bei der ersten Runde der Präsidentschaftswahl im April zwar einen Stimmenrekord erzielt und war in die Stichwahl eingezogen. Dort unterlag sie aber dem sozialliberalen Kandidaten Emmanuel Macron klar: Sie kam auf lediglich 33,9 Prozent der Stimmen. Die FN hatte auf mindestens 40 Prozent gesetzt.
Auch bei den folgenden Parlamentswahlen im Juni konnten die Rechtspopulisten die selbstgesteckten Ziele nicht erreichen und gewannen lediglich acht Abgeordnetenmandate.
(S.A.Dudajev--DTZ)