Deutschland verfehlt Ausbauziel von Öko-Energie
Umwelt- und Energieverbände sehen Deutschland immer weiter von dem Ziel entfernt, bis 2020 mindestens 18 Prozent des Endenergieverbrauchs mit Erneuerbaren abzudecken. Unter den derzeitigen Bedingungen könne Deutschland allenfalls 16 Prozent erreichen, erklärte der Bundesverband Erneuerbare Energien (BEE) am Mittwoch in Berlin - gestützt auf eigene Berechnungen. Damit liege Deutschland im Vergleich mit anderen EU-Staaten weit zurück.
Der BEE wies darauf hin, dass es sich bei dem Energieziel um eine verbindliche EU-Vorgabe handele. Auch würden von den 28 EU-Staaten voraussichtlich 23 das Ziel erreichen oder sogar übertreffen. "Seit Jahren verzeichnet Deutschland keine Fortschritte beim Ausbau Erneuerbarer Energien im Wärme- und Verkehrssektor", kritisierte BEE-Geschäftsführer Peter Röttgen. Dies könne auch der Strombereich "auf Grund der zu geringen Ausschreibungsmengen" nicht ausgleichen. Die neue Bundesregierung müsse daher den Ausbau der Erneuerbaren "deutlich beschleunigen" und zugleich "nachhaltig den Verbrauch senken".
"Kurz vor dem Weltklimagipfel im eigenen Land steuert Deutschland auf eine echte Klima-Blamage zu", erklärte der Politische Geschäftsführer von Germanwatch, Christoph Bals. Er wies darauf hin, dass Deutschland auch sein CO2-Minderungsziel von 40 Prozent bis 2020 "krachend zu verfehlen" drohe. "Die kommende Bundesregierung muss bei der Klimapolitik dringend und umfassend nachbessern", forderte auch er. Insbesondere müssten die Ausschreibungsmengen für Ökostrom deutlich angehoben werden.
"Die Regierung Merkel-Gabriel ist zum Problemfall der europäischen Klimapolitik geworden", erklärte der WWF-Klimaexperte Michael Schäfer. Er forderte, die neue Bundesregierung müsse unverzüglich ein "Sofortprogramm Klimaschutz 2020" auflegen, um sicherzustellen, dass Deutschland seinen internationalen Verpflichtungen nachkomme. Dazu gehörten "die zügige Abkehr von der dreckigen Kohle" sowie "ein deutlich ambitionierterer Ausbau der Erneuerbaren".
"Das Verfehlen von Umwelt- und Klimazielen scheint zum Markenzeichen der jetzigen Bundesregierung zu werden", warf die Klimaexpertin des Umweltverbands BUND, Tina Löffelsend, Union und SPD vor. Sie kritisierte vor allem das Ausbremsen des Ausbaus der Erneuerbaren.
Bei der Öko-Energie sei Deutschland "vom einstigen Musterschüler zu einem Fall für die Nachhilfe geworden", erklärte die Linken-Umweltpolitikerin Eva Bulling-Schröter. Allerdings steht die Linkspartei wegen des drohenden Absenkens der Klimaziele im rot-rot-regierten Brandenburg selbst in der Kritik.
Laut einer vor etwa zwei Wochen veröffentlichten Studie von Agora Energiewende dürfte Deutschland bei der Minderung des Treibhausgas-Ausstoßes statt versprochener minus 40 Prozent voraussichtlich nur minus 30 bis 31 Prozent erreichen. Das Bundesumweltministerium geht nach jetzigem Stand von etwa minus 35 Prozent aus, will dies aber durch zusätzliche Maßnahmen noch steigern.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) legte sich vergangene Woche erneut auf eine Minderung der Emissionen um 40 Prozent fest. "Wir werden Wege finden, wie wir bis 2020 unser 40-Prozent-Ziel einhalten. Das verspreche ich Ihnen", sagte die Bundeskanzlerin in der ZDF-Sendung "Klartext Frau Merkel" auf die Frage einer jungen Frau. Details nannte sie dazu allerdings nicht. (M.Dylatov--DTZ)