Gabriel will Atomstreit mit Nordkorea mit Gesprächen entschärfen
Kurz vor der UN-Vollversammlung in New York hat Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (SPD) im Atomstreit mit Nordkorea für direkte Gespräche mit Pjöngjang geworben. Nordkorea müsse "eine andere Sicherheitsgarantie als die Atombombe" vor Augen geführt werden, sagte Gabriel in einem aktuellen Interview. Hingegen demonstrierten die USA und Südkorea am Montag mit einer gemeinsamen Militärübung militärische Stärke.
Gabriel forderte direkte Verhandlungen mit Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un, an denen sich die UN-Vetomächte USA, China und Russland beteiligen müssten. Kim sei "eben nicht irre", hob der Außenminister hervor. Vielmehr folge er "einer kühl überlegten Strategie: Wenn er die Atombombe hat, dann – so denkt er – ist sein Regime gesichert. Weil sich niemand trauen wird, ihn zu bedrohen." Gabriel plädierte hierbei dafür, die jüngst verhängten Strafmaßnahmen und deren Wirkung abzuwarten. "Sanktionen brauchen Zeit, bis sie wirken", sagte er. Bereits am Sonntag hatte Gabriel bei einem China-Besuch für eine "doppelte Strategie aus Druck und Dialog" geworben. China gilt als der wichtigste Verbündete Nordkoreas.
Mit der gemeinsamen Militärübung wollten die USA und Südkorea ihre "Abschreckungsfähigkeiten" demonstrieren, erklärte das Verteidigungsministerium in Seoul. Demnach flogen vier Tarnkappenflugzeuge und zwei Bomber der US-Luftwaffe gemeinsam mit vier südkoreanischen Kampfjets über die koreanische Halbinsel. Die Flüge waren die ersten ihrer Art seit Nordkoreas sechstem Atomwaffentest vom 3. September.
Auch China und Russland begannen eine gemeinsame Militärübung in der Region, wie das Verteidigungsministerium in Peking mitteilte. Die chinesische Marine sei am Montag in der Hafenstadt Wladiwostok nahe der Grenze zu Nordkorea angekommen. Ein Zusammenhang zum Nordkorea-Konflikt wurde nicht offiziell hergestellt. Der unabhängige chinesische Militäranalyst Wei Dongxu sagte allerdings, die Übung zeige "eine gemeinsame Entschlossenheit, die regionale Stabilität beizubehalten und Streitkräfte oder Länder davon abzuschrecken, in nordostasiatisches Gebiet vorzudringen".
Die USA hatten ihren Ton gegenüber Pjöngjang am Wochenende weiter verschärft: Washingtons UN-Botschafterin Nikki Haley sagte dem US-Fernsehsender CNN, Nordkorea werde "zerstört", wenn es eine ernsthafte Bedrohung für die USA oder seine Alliierten werde.
Nordkorea wird eines der zentralen Themen sein, wenn am Dienstag die Generaldebatte der UN-Vollversammlung in New York beginnt. US-Präsident Donald Trump will etwa am Rande der Generaldebatte mit den Vertretern Japans und Südkoreas über den Konflikt beraten. Am Donnerstag berät der UN-Sicherheitsrat auf Wunsch der USA auf Außenministerebene über den Umgang mit Pjöngjang. Aus einem AFP vorliegenden US-Dokument geht hervor, dass dabei besprochen werden soll, "wie der Sicherheitsrat die beschlossenen Resolutionen besser durchsetzen kann, um die Verbreitung der weltweit gefährlichsten Waffen zu verhindern".
Der Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz, Wolfgang Ischinger, lobte Trumps Nordkorea-Politik in der Zeitung "Welt". Dass es bei den jüngsten Sanktionen zu einem Konsens im UN-Sicherheitsrat gekommen sei, sei den USA zu verdanken. "Da muss ich sagen: Chapeau!"
Vor einer Woche hatte der UN-Sicherheitsrat ein achtes Sanktionspaket gegen Pjöngjang beschlossen. Dieses beinhaltet unter anderem ein Verbot von Textilimporten aus Nordkorea, ein Gasembargo sowie Beschränkungen bei Öllieferungen. (U.Beriyev--DTZ)