USA und UNO fordern Absage von Unabhängigkeitsreferendum der Kurden im Nordirak
Die USA und die UNO haben eine Absage des Unabhängigkeitsreferendums der autonomen Kurdenregion im Nordirak gefordert. Das Referendum lenke "von den Bemühungen zum Sieg über den IS und zur Stabilisierung befreiter Gebiete ab", hieß es in einer Erklärung der US-Regierung. Der Präsident der Kurdenregion, Massud Barsani, lehnte eine Absage des Referendums am Wochenende ab, zeigte sich aber zugleich offen für "Alternativen".
Das Parlament der autonomen Kurdenregion hatte am Freitag gegen den Willen der irakischen Zentralregierung ein Referendum über die Unabhängigkeit angesetzt. Die anwesenden Abgeordneten bestimmten in Erbil mit großer Mehrheit den 25. September als Termin für die Volksabstimmung, die zu einer Loslösung vom Irak und zur Errichtung eines eigenen Kurdenstaates führen soll. Erbil streitet seit langer Zeit mit Bagdad über Ölexporte, Budgetzahlungen und die Kontrolle über ethnisch geteilte Gebiete.
Die USA, ein langjähriger Verbündeter der Kurden im Nordirak, sehen in dem Referendum zum jetzigen Zeitpunkt ein Hindernis für den Kampf gegen die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS), an dem Kurden maßgeblich beteiligt sind. Nach dem Votum in Erbil forderte das Weiße Haus umgehend einen Verzicht auf das Referendum.
Die USA und andere Staaten hatten Barsani am Donnerstag einen Vorschlag zur Verschiebung des Volksentscheids unterbreitet. Er basiert auf einer Ausweitung der kurdischen Autonomie. Der Kurdenpräsident erklärte, dass er sich "rasch" zu dem Vorschlag äußern werde.
Die Vereinten Nationen sprachen sich dafür aus, das Referendum abzusagen und stattdessen Gespräche mit Bagdad zu führen, die binnen drei Jahren zu einer Einigung führen sollen. Der UN-Sondergesandte für den Irak, Jan Kubis, bot internationale Unterstützung für unverzügliche Verhandlungen zwischen Erbil und Bagdad an.
In einem Dokument vom Donnerstag, das der Nachrichtenagentur AFP vorliegt, rief Kubis zu Verhandlungen unter der Ägide des UN-Sicherheitsrates auf. Innerhalb von zwei bis drei Jahren sollen demnach "Prinzipien und Vereinbarungen" für die zukünftigen Beziehungen zwischen der Kurdenregion und Bagdad festgelegt werden. Dazu müsse Barsani das Referendum mindestens auf die Zeit nach dem Ende der Verhandlungen verschieben. "Ich hoffe, dass sie diese Optionen in Erwägung ziehen", sagte Kubis AFP.
Am Samstag kündigte Barsani indes an, das Referendum werde "weder abgesagt noch verschoben". Zugleich sagte er aber, "jede echte Alternative" sei willkommen. Eine Verhandlungslösung sei nicht vom Tisch.
Der Volksentscheid über die Abspaltung der Region wird von Iraks Zentralregierung entschieden bekämpft. Auch die Nachbarn Türkei und Iran lehnen das Referendum ab. Sie befürchten, dass sich ihre eigenen kurdischen Minderheiten ermutigt fühlen könnten, ebenfalls die Unabhängigkeit anzustreben.
Großes Konfliktpotenzial im Zusammenhang mit dem Referendum birgt der Streit zwischen Iraks Kurden und Arabern um die ölreiche Provinz Kirkuk. Sie untersteht der Zentralregierung in Bagdad, wird aber auch von der Kurdenregion beansprucht. Neben Kurden wohnen dort auch große arabische Bevölkerungsgruppen. Die Regionalbehörden in Kirkuk wollen sich an dem Referendum beteiligen.
Das geplante Referendum ist rechtlich nicht bindend. Eine Mehrheit für die Unabhängigkeit würde nicht automatisch zur Abspaltung der nordirakischen Kurdenregion führen, die seit 1991 über weitreichende Autonomie verfügt. Es würde aber die Verhandlungsposition von Kurdenpräsident Barsani gegenüber der Zentralregierung in Bagdad sowie seine Stellung gegenüber seinen Rivalen stärken.
In Kirkuk wurden am Samstag bei der Explosion einer Autobombe drei Zivilisten getötet und neun weitere verletzt. Die Explosion ereignete sich vor einem Geschäft, in dem Alkohol verkauft wird. Die überwiegend von Kurden bewohnte Stadt Kirkuk ist die Hauptstadt der gleichnamigen Provinz.
(W.Novokshonov--DTZ)