FDP stellt Bedingungen für Regierungsbeteiligung
Eine Woche vor der Bundestagswahl hat FDP-Chef Christian Lindner Bedingungen für eine mögliche Regierungsbeteiligung seiner Partei aufgestellt. Lindner machte auf dem FDP-Parteitag in Berlin deutlich, dass die Liberalen eine Umwandlung der Eurozone in eine "Transferunion" nicht mittragen würden. Außerdem erklärte er ein Einwanderungsgesetz zur "Koalitionsbedingung". Lindner schloss keine Koalitionsvariante aus und ließ damit die Tür auch für ein Jamaika-Bündnis mit Beteiligung der Grünen offen.
"Wenn die Idee sein sollte, über einen Haushalt, ein eigenes Budget der Eurozone eine Geldpipeline von Deutschland zu legen, die automatisch und ohne Zweckbindung in andere Staaten Europas geht, dann ist das, ein solcher Finanzausgleich eben nicht mit uns zu machen", sagte der FDP-Chef. Diese "Transferunion" wäre auch nicht im Interesse Europas, weil sie "auf Dauer Verlierer und Zahler" produziere und damit die Fliehkräfte in der EU verstärke.
Lindner forderte auch ein Einwanderungsgesetz, das zwischen einem "vorübergehenden humanitären Schutz für Flüchtlinge" und qualifizierter Zuwanderung in den Arbeitsmarkt unterscheidet. Dies sei "eine Koalitionsbedingung - denn Deutschland wartet schon 20 Jahre auf ein solches Gesetz", sagte er.
Die Delegierten beschlossen einen Wahlaufruf mit zehn "Trendwenden" für Deutschland, die als Messlatte für einen möglichen Eintritt in eine Koalition gelten. Anders als zu Euro und Einwanderungsgesetz formulierte Lindner bei den weiteren Themen aber keine harten Koalitionsbedingungen.
"Unsere Aufgabe ist es, die Zukunftsthemen aus dem Nachwort an die Spitze der Tagesordnung zu bringen", sagte er etwa mit Blick auf Bildung und Digitalisierung, die im TV-Duell von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und SPD-Herausforderer Martin Schulz zu kurz gekommen waren. Das Bildungswesen müsse "besser und moderner" werden. Die deutschen Schulen seien mit Overheadprojektoren und Röhrenfernsehern "zu einer Sammlung von Elektroschrott geworden".
Der FDP-Chef forderte einen Ausbau des schnellen Internets und bessere Möglichkeiten für Bürger, ihre Behördengänge auch online zu erledigen. Außerdem bekräftigte er den Ruf der Liberalen nach Steuerentlastungen für die "Mitte der Gesellschaft". Lindner nannte keine Zahl, im Wahlaufruf der Partei heißt es aber: "Allein bei der Steuer ist ein Entlastungsvolumen von 30 bis 40 Milliarden Euro im Jahr bis 2021 möglich." Im Dieselskandal pochte Lindner auf eine Entschädigung der Käufer durch die Autokonzerne. Allerdings wolle sich die FDP nicht an der "Untergangsrhetorik gegenüber unserer Automobilbranche" beteiligen. In der Debatte über den Umstieg auf umweltfreundliche Autoantriebe wie die E-Mobilität stellen sich die Liberalen in ihrem Wahlaufruf gegen "Quoten und Verbote".
Die Zukunft von Dieselautos und Benzinern gilt als möglicher Knackpunkt für eine Zusammenarbeit mit den Grünen, die ein Ende des Verbrennungsmotors bis 2030 fordern. Allerdings wäre den Umfragen zufolge eine FDP-Regierungsbeteiligung rechnerisch nur in einer sogenannten Jamaika-Koalition mit Union und Grünen gesichert. In den letzten Tagen hatten sich Grüne und FDP verstärkt beharkt.
Lindner betonte, dass seine Partei "so eigenständig wie nie" in eine Bundestagswahl gehe. "Wir schließen nichts aus. Nur eines: Unsere Grundsätze zu verraten." Die FDP sei zur Übernahme von Regierungsverantwortung bereit. "Wenn es also möglich ist, in unserem Land Trendwenden zu erreichen, dann sind wir dabei", erklärte der Parteichef. Sollte dies nicht möglich sein, "dann ist unsere Rolle Opposition". (M.Dylatov--DTZ)