CIA: Harvard zieht Titel für Wikileaks-Informantin Manning zurück
Nach scharfer Kritik des US-Geheimdiensts CIA hat die renommierte Harvard-Universität am Freitag ihre Ernennung der Wikileaks-Informantin Chelsea Manning zur Gastdozentin zurückgezogen. Der Dekan der Kennedy School of Government, Douglas Elmendorf, erklärte, die Ernennung als eine der zwölf neuen Gastdozenten am Donnerstagmorgen sei ein "Fehler" gewesen. Er übernehme dafür die Verantwortung.
Der CIA-Chef und Harvard-Absolvent Mike Pompeo hatte seine für Donnerstagabend geplante Rede bei einem Forum der Kennedy School aus Protest abgesagt. Er erklärte, Manning habe "ihr Land verraten" und sei wegen der Weitergabe geheimer Informationen an die Enthüllungsplattform Wikileaks in 17 Anklagepunkten für schuldig befunden und verurteilt worden. Der ehemalige CIA-Vizechef Mike Morell hatte zuvor seinen Verzicht auf den Ehrentitel eines Senior Fellow an dem zur Kennedy School gehörenden Belfer Center bekannt gegeben.
Der Dekan erklärte, er verstehe jetzt besser, dass für viele die Ernennung zum "Visiting Fellow" ein "Ehrentitel" sei. Deshalb werde er Manning wieder aberkannt. Doch die Einladung an Manning, die Kennedy School einen Tag lang zu besuchen und dort eine Rede zu halten, erhalte die Universität aufrecht.
Manning reagierte im Kurzbotschaftendienst Twitter, dass sie sich "geehrt" fühle, "ausgeladen" worden zu sein. Zugleich bedauerte sie, dass die Universität "unter dem Druck der CIA" einen Rückzieher gemacht habe und gegen "marginalisierte Stimmen" vorgehe.
Sie verwies außerdem darauf, dass zu den anderen Ernennungen für das akademische Jahr 2017/2018 ehemalige Mitglieder des Teams von US-Präsident Donald Trump gehören - so der ehemalige Pressesprecher des Weißen Hauses, Sean Spicer, und Trumps Ex-Wahlkampfleiter Corey Lewandowski.
Manning hatte 700.000 vertrauliche Dokumente mit Bezug zu den Kriegen im Irak und in Afghanistan von Militärrechnern heruntergeladen und 2010 der Enthüllungsplattform Wikileaks zugespielt. Damals war sie als Obergefreiter Bradley Manning in der Nähe von Bagdad stationiert.
Im Mai 2010 wurde Manning festgenommen und im August 2013 zu 35 Jahren Gefängnis verurteilt. Während der Haft nahm sie eine Geschlechtsumwandlung vor. Im Mai kam sie aufgrund eines Gnadenerlasses von Trumps Vorgänger Barack Obama vorzeitig auf freien Fuß. Trump hatte Manning als "Verräterin" bezeichnet, die das Gefängnis "niemals" hätte verlassen dürfen. (V.Sørensen--DTZ)