Island: Wegen Regierungskrise erneut vorgezogene Neuwahlen
Knapp ein Jahr nach den vorgezogenen Neuwahlen in Island wird das Parlament wegen eines Skandals erneut aufgelöst. Nach dem Verlust der Stimmenmehrheit seiner Mitte-rechts-Koalition werde noch vor Jahresende neu gewählt, sagte Regierungschef Bjarni Benediktsson am Freitag bei einer Pressekonferenz in Reykjavik. Die Krise war durch den Vorwurf gegen Benediktssons Vater ausgelöst worden, dieser habe sich für einen verurteilten Vergewaltiger eingesetzt.
Die Neuwahl für das Althinig, Islands Ein-Kammer-Parlament, solle wahrscheinlich bereits im November stattfinden, sagte Benediktsson. "Das ist eine große Enttäuschung", sagte der Regierungschef. Zuvor hatte seine Regierungskoalition ihre Ein-Stimmen-Mehrheit verloren, weil die Zentrumspartei Glänzende Zukunft mit ihren vier Abgeordneten dem Bündnis ihre Unterstützung entzog. Als Grund nannte sie im Online-Netzwerk Facebook einen "ernsthaften Vertrauensbruch innerhalb der Regierung".
Glänzende Zukunft hatte der Regierung um Benediktssons konservative Unabhängigkeitspartei zwar nicht angehört, sie aber mit ihren Stimmen unterstützt. Der Abkehr von Glänzende Zukunft ging ein Skandal voraus, in dessen Mittelpunkt der Vater von Regierungsschef Benediktsson steht. Medienberichten zufolge hatte Benedikt Sveinsson, einer der reichsten Unternehmer Islands, ein Empfehlungsschreiben für einen Mann unterzeichnet, der 2004 zu fünfeinhalb Jahren Haft verurteilt worden war, weil er seine Stieftochter zwölf Jahre lang fast täglich vergewaltigt hatte.
In Island können Straftäter nach der Verbüßung ihrer Strafe den Eintrag ihrer Verurteilung löschen lassen, wenn drei Menschen mit gutem Leumund sich schriftlich für sie verbürgen. Regierungschef Benediktsson wird vorgeworfen, dass er bereits seit Juli von dem Vorgehen seines Vaters gewusst, seine Koalitionspartner aber bewusst in Unkenntnis darüber gelassen habe.
Die Mitte-rechts-Parteien hatten sich erst im Januar auf eine Koalition geeinigt. Die Wahl in dem kleinen Land war zuvor auf Oktober 2016 vorgezogen worden, nachdem infolge der Enthüllungen der "Panama Papers" mehrere isländische Politiker zurückgetreten waren, unter ihnen der damalige Ministerpräsident Sigmundur David Gunnlaugsson. (I.Beryonev--DTZ)