Deutsche Tageszeitung - Deutschland verbittet sich Einmischung Erdogans in Wahlkampf

Deutschland verbittet sich Einmischung Erdogans in Wahlkampf


Deutschland verbittet sich Einmischung Erdogans in Wahlkampf
Deutschland verbittet sich Einmischung Erdogans in Wahlkampf / Foto: ©

Die Bundesregierung hat sich jegliche Einmischung des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan in den deutschen Wahlkampf verbeten. "Wir erwarten von ausländischen Regierungen, sich nicht in unsere inneren Angelegenheiten einzumischen", schrieb Regierungssprecher Steffen Seibert aktuell im Kurzbotschaftendienst Twitter. Erdogan hatte türkischstämmige Wähler in Deutschland zuvor aufgefordert, bei der Bundestagswahl im September nicht CDU, SPD oder Grüne zu wählen.

Textgröße ändern:

Die türkischstämmigen Wähler in Deutschland sollten für keine dieser Parteien stimmen, da sie "alle Feinde der Türkei" seien, sagte Erdogan nach dem Freitagsgebet in Istanbul. Die SPD und die CDU machten Stimmung gegen die Türkei, um Wähler zu gewinnen. "Ich rufe daher alle meine Bürger in Deutschland auf, sie niemals zu unterstützen. Weder die CDU, noch die SPD oder die Grünen", sagte Erdogan.

"Gebt den politischen Parteien Unterstützung, die der Türkei nicht feindlich gesinnt sind", sagte Erdogan. Es handele sich "für meine Bürger in Deutschland" um eine Frage "der Ehre". Er erwarte, dass die Türken den "Parteien eine Lehre erteilen, die der Türkei keinen Respekt zeigen".

Die Linke, die FDP oder die AfD, die ebenfalls der türkischen Regierung äußerst kritisch gegenüberstehen, erwähnte Erdogan nicht. In Deutschland gibt es rund 1,25 Millionen wahlberechtigte Deutsch-Türken. Studien zufolge wählen die meisten SPD, Grüne und Linke. Zugleich unterstützen viele Deutsch-Türken Erdogan und seine islamisch-konservative AKP.

Im Namen von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) schrieb Seibert: "Wir verbitten uns jede Art von Einmischung". Jeder Staatsbürger habe ein freies Wahlrecht.

Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (SPD) warf Erdogan einen "einmaligen Eingriff in die Souveränität unseres Landes" vor. Er forderte alle Menschen in Deutschland auf, "diesem Versuch, die Menschen hier im Land gegeneinander aufzuhetzen, entschieden entgegen zu treten". Gerade die türkischstämmigen Wähler bitte er, "an der Bundestagswahl teilzunehmen und eine demokratische Partei zu wählen". Es sei "egal welcher Herkunft wir sind", erklärte Gabriel.

SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz kritisierte, Erdogan habe "jedes Maß verloren. Umso mehr stehen wir an der Seite all derer, die für eine freiheitliche und demokratische Türkei kämpfen".

Grünen-Spitzenkandidat Cem Özdemir nannte Erdogans Aufruf "wenig überraschend". "Wir verstehen diese Erwähnung als Auftrag, weiterhin und entschlossen dafür zu arbeiten, dass der Einfluss von Erdogan auf Deutsch-Türken in unserem Land gestoppt wird", erklärte Özdemir.

CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer sagte der "Bild"-Zeitung: "Mit seiner Wahlvorgabe für die Bundestagswahl überschreitet der Despot vom Bosporus seine Grenzen." Erdogan mische sich "auf unerträgliche Weise" in die deutsche Innenpolitik ein und versuche, Deutsch-Türken "zu seiner fünften Kolonne" zu machen.

"Wir brauchen keine Belehrungen in Sachen Demokratie", sagte der Bundesvorsitzende der Türkischen Gemeinde, Gökay Sofuoglu, der Nachrichtenagentur AFP. "Die paternalistische Haltung von Erdogan, über die Türken in Deutschland verfügen zu wollen, muss aufhören." Die Kurdische Gemeinde Deutschland sprach von einer "Unverschämtheit ohnegleichen".

Die deutsch-türkischen Beziehungen sind seit Monaten stark angespannt. Die Regierung in Ankara wirft Deutschland vor, nach dem Putschversuch vom Juli 2016 nicht genug Solidarität gezeigt zu haben und Anhängern des islamischen Predigers Fethullah Gülen Zuflucht zu gewähren, den Ankara für den Umsturzversuch verantwortlich macht.

Die Bundesregierung kritisierte ihrerseits das harte Vorgehen Erdogans gegen seine Gegner. Stark belastet sind die deutsch-türkischen Beziehungen auch wegen der Inhaftierung von zehn Deutschen in der Türkei. Zu ihnen zählen der Journalist Deniz Yücel und der Menschenrechtsaktivist Peter Steudtner.  (I.Beryonev--DTZ)

Empfohlen

Frankreichs Präsident Macron ernennt neue Regierung

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat mit Elisabeth Borne und Manuel Valls zwei frühere Premierminister für die neue Regierung ernannt. Auf Vorschlag von Premierminister François Bayrou ist Borne künftig für Bildung zuständig, Valls für Überseegebiete. Der konservative Ex-Innenminister Gérald Darmanin wird Justizminister, wie der Elysée-Palast am Montag in Paris mitteilte. Zum Wirtschaftsminister wurde der bisherige Generaldirektor des staatlichen Finanzinstituts Caisse des dépôts, Eric Lombard, ernannt.

UN-Friedensmission ruft Israel zu schnellerem Truppenabzug im Südlibanon auf

Fast einen Monat nach dem Beginn der Waffenruhe zwischen Israel und der Hisbollah-Miliz hat die UN-Friedensmission im Libanon (Unifil) die israelische Armee dazu aufgefordert, sich schneller aus dem Süden des Landes zurückzuziehen. "Unifil fordert nachdrücklich ein schnelleres Vorgehen beim Rückzug der IDF (israelischen Armee) aus (...) dem Südlibanon", erklärte die UN-Truppe am Montag. Beschleunigt werden müsse zudem die Stationierung der libanesischen Armee in dem Grenzgebiet.

Selenskyj: Bereits tausende Nordkoreaner in Ukraine-Krieg getötet oder verletzt

Im Krieg zwischen Russland und der Ukraine sind nach Angaben des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj bereits mehr als 3000 nordkoreanische Soldaten getötet oder verletzt worden. Es handle sich um "erste Informationen" zu in der von ukrainischen Truppen besetzten russischen Region Kursk eingesetzten Nordkoreanern, schrieb Selenskyj am Montag im Onlinedienst X. Unterdessen meldete die russische Armee die Einnahme einer weiteren Ortschaft in der Ostukraine.

Ausschuss: Trump-Unterstützer Gaetz zahlte für Sex mit Minderjähriger

Der vom designierten US-Präsidenten Donald Trump zunächst für das Amt des Justizministers nominierte Matt Gaetz hat laut einer Untersuchung des US-Kongresses für Sex mit einer 17-Jährigen bezahlt und regelmäßig illegale Drogen wie Kokain und Ecstasy konsumiert. Das geht aus einem 37-seitigen Untersuchungsbericht des Ethikausschusses im Kongress hervor, der am Montag veröffentlicht wurde.

Textgröße ändern: