Europa: Brexit stärkt offenbar Zusammenhalt in anderen EU-Ländern
Der geplante Ausstieg Großbritanniens aus der Europäischen Union (EU) hat in anderen Ländern offenbar die grundsätzliche Zustimmung zur Union gestärkt. In acht EU-Ländern spricht sich eine deutliche Mehrheit der Bürger für mehr europäische Zusammenarbeit aus, wie eine aktuell von der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung veröffentlichte Umfrage ergab. Besonders stark ist diese Haltung in Deutschland ausgeprägt.
Sechs von zehn Befragten (61 Prozent) sprachen sich länderübergreifend für eine verstärkte Zusammenarbeit der EU-Staaten aus, in Deutschland waren es sogar acht von zehn (79 Prozent). "Die Entscheidung der Briten, die Europäische Union zu verlassen, trägt offenbar zur Stärkung des Zusammenhalts der verbleibenden Partner bei", heißt es in der Studie.
Für die Untersuchung befragte das Meinungsforschungsinstitut policy matters im Mai und Juni 7000 Bürger in den EU-Mitgliedsstaaten Deutschland, Frankreich, Italien, den Niederlanden, Schweden, der Slowakei, Spanien und Tschechien.
Ein Vergleich mit einer ähnlichen Befragung im Jahr 2015 zeigte, dass mit dem Brexit offensichtlich auch die Vorteile der EU stärker gesehen werden. In allen acht Ländern stieg die Zahl der Bürger, nach deren Ansicht die EU-Mitgliedschaft ihres Landes mit Vorteilen verbunden ist.
Am optimistischsten zeigen sich dabei die Deutschen. Fast zwei Drittel (64 Prozent) der Bürger meinen hierzulande, dass die Vorteile überwiegen. Dies waren fast doppelt so viele wie vor zwei Jahren. Nur für zehn Prozent der Befragten überwiegen die Nachteile, für knapp ein Viertel (23 Prozent) halten sich Vor- und Nachteile die Waage.
In den übrigen sieben Ländern sehen trotz eines Anstiegs zum Teil deutlich weniger Menschen überwiegend Vorteile in der EU-Mitgliedschaft. In Italien, das mit wirtschaftlichen Problemen zu kämpfen hat, sehen Bürger in gleichem Maß Vor- oder Nachteile in der EU-Mitgliedschaft. In Tschechien wird die EU-Mitgliedschaft am skeptischen beurteilt. Der Anteil der Menschen, die zu einem positiven Urteil kommen, verdoppelte sich aber auch dort immerhin von 13 auf 25 Prozent.
Der Vorsitzende der Friedrich-Ebert-Stiftung, Kurt Beck, zeigte sich angesichts der Studienergebnisse überzeugt, die Bürger seien "viel weiter als wir denken". Sie hätten eine klare Vorstellung davon, "was wir in Europa erreichen können und was nicht". Es werde eine Europa-Debatte benötigt, "die sich an den Sorgen und Wünschen der Menschen orientiert". (V.Sørensen--DTZ)