Kein Durchbruch bei Westbalkan-Gipfel der EU in Sicht
Die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union haben auf einem Gipfeltreffen mit den Westbalkan-Staaten über den seit Jahren stockenden Erweiterungsprozess beraten. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und ihre 26 EU-Kollegen trafen dafür am Mittwoch im slowenischen Brdo pri Kranju mit den Spitzen von Albanien, Nordmazedonien, Bosnien und Herzegowina, Serbien, Montenegro und dem Kosovo zusammen. Anzeichen für einen Durchbruch gab es jedoch nicht.
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sagte, der Beitrittsprozess mit den Nachbarstaaten sei im "europäischen Interesse". Die Westbalkan-Länder müssten aber noch "Arbeit leisten bei der Rechtsstaatlichkeit, im Justizsystem und bei der Pressefreiheit". Als Anreiz diene ein EU-Investitionspaket von knapp 30 Milliarden Euro, betonte von der Leyen.
Der Regierungschef des Kosovo, Albin Kurti, nannte den festgefahrenen Beitrittsprozess dagegen "eine große Ungerechtigkeit" und warf der EU "einen Mangel an Fairness" vor. Der serbische Präsident Aleksandar Vucic betonte, er mache sich "keine Illusionen über einen raschen EU-Beitritt". Die Erweiterung sei einfach "nicht populär".
Derzeit blockiert das EU-Mitglied Bulgarien mit seinem Veto die Aufnahme von Beitrittsgesprächen mit Nordmazedonien und de facto auch Albanien. Kanzlerin Merkel und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron trafen zu Beginn des Gipfels mit dem nordmazedonischen Regierungschef Zoran Zaev und dem bulgarischen Präsidenten Rumen Radew zu einem Vermittlungsgespräch zusammen, wie ein deutscher Regierungssprecher mitteilte.
Eine Annäherung gab es jedoch nicht: Präsident Radew warf Nordmazedonien danach erneut vor, die Grundrechte der bulgarischen Minderheit "mit Füßen zu treten". Vor den bulgarischen Präsidentschafts- und Parlamentswahlen am 14. November wird keine Bewegung in dem Streit erwartet.
Auch zwischen Serbien und dem Kosovo wollten Merkel und Macron vermitteln. Die beiden Nachbarstaaten hatten sich zuletzt einen erbitterten Streit um die gegenseitige Anerkennung von Autokennzeichen geliefert, der Furcht vor einer militärischen Eskalation geweckt hatte.
Deutschland und Österreich hatten die EU vor dem Gipfel zu mehr Tempo bei der Erweiterung aufgerufen. Der österreichische Kanzler Sebastian Kurz warnte, wenn die EU "keine ernsthafte Perspektive für diese Region" biete, würden "andere Mächte - Russland, China und auch die Türkei - dort eine immer stärkere Rolle spielen".
Die 27 EU-Staaten hatten ihre Beratungen am Dienstag mit einem informellen Abendessen begonnen. EU-Ratspräsident Charles Michel sagte, die Europäer wollten "mehr Einfluss in der Welt." Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell wurde beauftragt, dafür einen "strategischen Kompass" auszuarbeiten, der auf dem Dezember-Gipfel in Brüssel diskutiert werden soll. Umstritten blieb laut EU-Kreisen, wie viel Unabhängigkeit sich die EU von den USA erlauben kann, und ob es eines gemeinsamen Vorgehens gegen die massive Erhöhung der Erdgas-Preise bedarf.
(V.Sørensen--DTZ)