London: Nach Brexit keine Grenze auf irischer Insel
Eine befestigte Grenze zwischen Irland und Nordirland soll nach dem Willen Großbritanniens auch nach dem Brexit vermieden werden. Ziel sei es, bei den Brexit-Gesprächen schnellstmöglich sicherzustellen, dass der Grenzverkehr "so reibungslos und nahtlos wie möglich" gehalten werde, heißt es in einem aktuell veröffentlichten Positionspapier der britischen Regierung. Irland warnte unterdessen, sich nicht als "Faustpfand" bei den Brexit-Verhandlungen benutzen zu lassen.
Die Gestaltung der künftigen EU-Außengrenze zwischen Irland und der britischen Provinz Nordirland ist eines der wichtigsten Themen bei den Brexit-Verhandlungen. London will die Grenzregelung auf der irischen Insel mit der Frage der künftigen Handelsbeziehungen zur EU verknüpfen. Die britische Regierung argumentiert, dass die Frage, wie Güter und Menschen die Grenze passieren, nicht von der Frage über die zukünftigen Zoll- und Handelsregelungen mit der EU getrennt werden könne.
In der Nacht zum Mittwoch hatte das Brexit-Ministerium mitgeteilt, ein neues Zollabkommen mit der EU solle so ausgestaltet werden, dass Grenzposten nicht notwendig seien. London wolle nach dem Austritt aus der EU keine "harte Grenze" mit strengen Pass- und Güterkontrollen.
Auch die irische Regierung will Grenzposten vermeiden. Sie befürchtet nicht nur gravierende wirtschaftliche, sondern auch politische Folgen und warnt nach dem jahrzehntelangen Nordirland-Konflikt vor einem Rückfall in "sektiererische Gewalt", sollte es wieder zu einer befestigten Grenze kommen.
Der irische Außenminister Simon Coveney begrüßte am Mittwoch die "nötige Klarheit" des britischen Positionspapiers, insbesondere den Willen, den Friedensprozess mit Nordirland und die Bewegungsfreiheit entlang der Grenze aufrechtzuerhalten.
Zugleich warnte er aber davor, zum Spielball in den Brexit-Verhandlungen zu werden. "Wir werden uns nicht als Faustpfand in irgendeiner größeren Verhandlung benutzen lassen", sagte Coveney vor Journalisten in Dublin. Es seien "noch viele Fragen offen". Die beste Option sei, dass Großbritannien Teil der EU-Zollunion und des Binnenmarkts bleibe.
Die Vorsitzende der nordirischen Sinn-Fein-Partei, Michelle O’Neill, warf der britischen Regierung vor, "einen infamen Versuch" zu unternehmen, "das Bekenntnis der EU zu unserem Friedensprozess auszunutzen, um ihre eigenen Ziele zu verfolgen".
Arlene Foster, die Chefin der an der britischen Koalitionsregierung beteiligten nordirischen Democratic Unionist Party (DUP), sprach dagegen von einem "vernünftigen Ansatz". Die Grenzfrage auf der irischen Insel hat auch Auswirkungen auf die britische Einwanderungspolitik nach dem Brexit. Sollte die Grenzfreiheit beibehalten werden, könnten EU-Bürger beim Besuch in Irland ohne Kontrolle über Nordirland nach Großbritannien weiterreisen. Dies würde den britischen Versuchen zuwider laufen, die Einreise zu kontrollieren.
Am Dienstag hatte Großbritannien eine "temporäre Zollunion" nach dem EU-Austritt vorgeschlagen. In der Übergangszeit, die etwa zwei Jahre betragen soll, will London demnach die Handelsbeziehungen weltweit neu regeln. Der Vorschlag stieß in Brüssel auf Skepsis.
Brüssel pocht auf den Vorrang der "Scheidungsthemen" vor Regelungen für die Zeit nach dem Brexit. Die EU-Kommission erklärte am Dienstag, sie nehme den Vorschlag "zur Kenntnis". Doch müssten vor der Frage der künftigen Beziehungen Großbritanniens mit der EU die Modalitäten der Trennung weitgehend geregelt sein, darunter die künftigen Rechte der in Großbritannien lebenden EU-Bürger, die Erfüllung der finanziellen Verpflichtungen Großbritanniens sowie die Stellung Nordirlands.
Der belgische EU-Parlamentarier Guy Verhofstadt nannte es eine "Phantasterei", wenn Großbritannien gleichzeitig in und außerhalb der Zollunion sein wolle und eine "unsichtbare Grenze" fordere. Die nächste Runde der Brexit-Verhandlungen ist für den 28. August geplant. (U.Beriyev--DTZ)