Lage in Kenia nach Wiederwahl von Präsident Kenyatta instabil
Nach der Bekanntgabe der Wiederwahl von Präsident Uhuru Kenyatta hat sich in Kenia am Samstag ein Klima der Verunsicherung breit gemacht. Bei Straßenschlachten von Demonstranten mit der Polizei und bei einzelnen Gewalttaten wurden drei Menschen getötet, darunter ein neunjähriger Junge. Mit Spannung erwartet wurde eine Stellungnahme von Kenyattas Herausforderer Raila Odinga, der laut Angaben der Wahlkommission mit rund 44,7 Prozent eindeutig hinter dem Amtsinhaber mit einem Stimmenanteil von 54,3 Prozent lag.
Der Ausgang der Wahl in Kenia wurde international mit Sorge beobachtet, weil es bei der Präsidentenwahl vor zehn Jahren monatelange Unruhen mit 1100 Toten und 600.000 Vertriebenen gegeben hatte. Allerdings gab es damals einen Konflikt zwischen Kenyattas Volksgruppe der Kikuyu und der ebenfalls wichtigen Ethnie der Kalenjin. Diese Konstellation gilt inzwischen als überwunden, weil Kenyattas Stellvertreter William Ruto der Volksgruppe der Kalenjin entstammt.
In den Hochburgen der Opposition entlud sich nach Bekanntgabe des Ergebnisses der Zorn. In Kibera, einem Slum der Hauptstadt Nairobi, plünderten Demonstranten Ladengeschäfte und zündeten sie an. In Kisumu im Westen des Landes feuerte die Polizei in die Luft, um Demonstranten auseinanderzutreiben. Seit Mittwoch zählte die Nachrichtenagentur AFP bei den Unruhen im Zusammenhang mit der Wahl insgesamt neun Tote.
Die Unruhen nach der Bekanntgabe des Wahlergebnisses am Freitagabend waren zum Teil heftig, schienen aber zugleich regional begrenzt zu sein. So gab es Straßenschlachten in einigen Elendsvierteln Nairobis und in Kisumu. Innenminister Fred Matiangi machte "kriminelle Elemente" für die Proteste verantwortlich. Er versicherte, es gebe "keinen Grund zur Panik" und empfahl den Bürgern, zum Alltagsleben zurückzukehren.
Ein Fotograf sah nach Informationen von Deutsche Tageszeitung am Samstag die Leiche eines neunjährigen Jungen. Die Angehörigen erzählten, dass er durch einen Schuss in den Rücken getötet worden sei, als er im Slum Mathare vom Balkon aus auf die Demonstranten blickte.
Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) forderte die Polizei zur Zurückhaltung auf. "Angesichts von Berichten über Demonstrationen und Schießereien in einigen Gebieten müssen die Sicherheitskräfte eine Deeskalation betreiben", sagte der HRW-Afrikaexperte Otsieno Namwaya.
Der 55-jährige Präsident Uhuru Kenyatta ist der Sohn des ersten kenianischen Präsidenten nach der Unabhängigkeit von Großbritannien, Jomo Kenyatta, der von 1964 bis 1978 im Amt war. Kenyattas Herausforderer Odinga bewarb sich zum vierten Mal um das höchste Staatsamt. Der 72-Jährige entstammt der Minderheits-Volksgruppe der Luo. In den vergangenen Jahren warf Odinga seinen politischen Gegnern immer wieder Manipulationen von Wahlergebnissen vor, die Luo fühlen sich seit Jahrzehnten benachteiligt.
Im Anschluss an die Verkündung seines Wahlsiegs rief Kenyatta die Opposition zur Versöhnung auf. "Wir sind keine Feinde, wir sind alle Bürger der gleichen Republik", sagte er. "Es gibt keinen Grund für Gewalt." Er strebe eine Zusammenarbeit an, "so dass wir diese Nation gemeinsam aufbauen können". Die Tageszeitung "Daily Nation" ermahnte den Staatschef, er müsse in Zukunft - "anders als in seiner ersten Amtszeit" - bei der Regierungsbildung alle einschließen. (U.Stolizkaya--DTZ)