Flüchtlingsamt verfehlt Vorgaben der Bundesregierung
Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) verfehlt einem Bericht zufolge bislang wesentliche Vorgaben der Bundesregierung. Laut Zielvorgabe vom Januar habe die Zahl der bis Ende 2016 aufgenommenen sogenannten Altverfahren bis Ende Mai eigentlich auf 79.000 schrumpfen sollen, konnte Deutsche Tageszeitung aktuell erfahren. Auf Anfrage habe das Bamf aber erklärt, dass Ende Juni noch gut 97.500 und Ende Juli noch gut 81.400 dieser Asylverfahren offen gewesen seien.
Auch bei der anvisierten Dauer für die Bearbeitungszeit der Verfahren verfehle die Behörde bislang die Maßgabe. Geplant war hier dem Bericht zufolge, im Jahr 2017 einen Durchschnitt von weniger als sechs Monaten zu erreichen. Ende Juli habe dieser Wert mit elf Monaten noch fast doppelt so hoch gelegen. Schneller laufe es hingegen bei den Anträgen, die in diesem Jahr gestellt wurden. Hier sei eine Bearbeitungsdauer von weniger als drei Monaten verabredet, Ende Juli seien aber bereits 1,7 Monate erreicht worden.
Schleppend laufe es auch beim Thema Integration. Das Ziel laute, im laufenden Jahr 430.000 Menschen die Teilnahme an Integrationskursen zu ermöglichen. Ende Juli seien es erst etwa 160.000 Teilnehmer gewesen – wobei die Nürnberger Behörde darauf hingewiesen habe, dass sich die Zahl aufgrund von "Nacherfassungen" wohl noch nach oben verändern werde. Auf den Beginn ihrer Integrationskurse sollten die Teilnehmer laut Zielmarke weniger als sechs Wochen warten. Nur bei 54 Prozent der Teilnehmer gelinge dies aber.
Der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Burkhard Lischka, bemängelte in diesem Zusammenhang, dass die Zahl der Bamf-Mitarbeiter reduziert werde: Das Vorgehen von Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU), "in erheblichem Umfang Personal beim Bamf abzubauen", sei "vollkommen falsch", sagte er in einem Interview.
Lischkas Unionskollege Stephan Mayer (CSU) lobte indes das Bamf. Die Behörde habe "in den vergangenen beiden Jahren hervorragende Arbeit geleistet", sagte er. Die Verzögerungen beim Abbau der Altverfahren bezeichnete er als "erwartbar" und "moderat". Kritisch sieht er hingegen die Wartezeiten für Integrationskurse.
Die Grünen-Flüchtlingsexpertin Luise Amtsberg kritisierte einen hohen Druck im Bamf und sprach von "unerreichbaren Zielvorgaben". Die Linken-Innenpolitikerin Ulla Jelpke forderte, die bürokratischen Strukturen innerhalb des Bamf zu reduzieren.
Medienkreise berichten indes, die Bearbeitungszeit von Asylklagen an deutschen Verwaltungsgerichten habe unter der Last zahlreicher Fälle dramatisch zugenommen. Dies gehe aus einer vertraulichen Auflistung der Innenminister der Länder hervor, die in den ersten vier Monaten dieses Jahres zusammengestellt worden sei.
Im Durchschnitt aller Länder benötigen Richter demnach derzeit sechseinhalb Monate, um Klagen, Berufungen und Revisionen von Asylbewerbern zu bearbeiten. Am schnellsten gehe es in Schleswig-Holstein (4,4 Monate). In Sachsen-Anhalt dauere es mit 9,7 Monaten mehr als doppelt so lange. Insgesamt dauern die Verfahren demnach in Ostdeutschland länger als im Westen.
Der Vorsitzender des Bunds Deutscher Verwaltungsrichter, Robert Seegmüller, sagte dem Redaktionsnetzwerk, die vorliegenden Daten spiegelten "nicht einmal das ganze Elend wider". "Die Zahl der nicht abgeschlossenen Fälle blieb unberücksichtigt, sie liegt noch höher - die Bearbeitungszeiten werden weiter nach oben gehen." (S.A.Dudajev--DTZ)