Bundestagswahl 2017: Schulz will nach der Wahl SPD-Chef bleiben
SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz will unabhängig vom Ausgang der Bundestagswahl im September SPD-Vorsitzender bleiben. "Natürlich trete ich auf dem Parteitag im Dezember wieder als Parteivorsitzender an", sagte er am gestrigen Dienstagabend (08.08.2017) auf seiner Sommerreise durch Ostdeutschland. Beim Besuch eines Ausbildungszentrums in Sachsen forderte Schulz die Wirtschaft zur Schaffung von mehr Ausbildungsplätzen auf.
Es sei zu wenig, dass nur jeder fünfte Betrieb in Deutschland ausbilde, sagte der SPD-Kanzlerkandidat nach Gesprächen mit Auszubildenden in der Metall- und Elektrobranche im sächsischen Halsbrücke. Einerseits klagten Unternehmerverbände über Facharbeitermangel, andererseits bildeten viele Betriebe nicht aus. Damit würden die Unternehmen "an dem Ast sägen, auf dem sie selbst sitzen", warnte Schulz.
Der SPD-Kanzlerkandidat machte deutlich, dass der Staat den Betrieben durch eine "Qualifizierungsoffensive" einen Teil der Lasten der Aus- und Weiterbildung abnehmen und deutlich mehr Geld in die Berufsschulen investieren müsse. Außerdem kritisierte er, dass in Deutschland das Bild der Gutqualifizierten vor allem mit Abitur und akademischer Ausbildung verbunden sei. "Respekt vor jedem erworbenen Ausbildungsgrad – das ist etwas, was wir dringend diskutieren müssen", sagte Schulz.
Auf dem Smart Systems Campus in Chemnitz, der Forscher und Unternehmensgründer im Bereich der Mikrosystemtechnik zusammenführt, erneuerte Schulz seinen Ruf nach mehr staatlichen Investitionen in Forschung und Entwicklung. Nur so könnten Deutschland und Europa in Zukunft ihren technologischen Vorsprung verteidigen und ausbauen.
Schulz war im März mit 100 Prozent Zustimmung zum neuen SPD-Chef gewählt worden. Knapp sieben Wochen vor der Bundestagswahl ist die Lage für die SPD und ihren einstigen Hoffnungsträger schwierig: Die Sozialdemokraten liegen in Umfragen deutlich hinter der Union von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zurück.
Schulz setzt darauf, dass viele Wähler noch unentschieden sind. "Umfragen sind Umfragen, aber keine Wahlergebnisse", sagte er vor Journalisten. Der Wahlkampf beginne gerade erst richtig.
Durch die Krise der Autoindustrie werde den Menschen in diesen Tagen bewusst, wie gefährlich Stagnation für die Zukunft des Wirtschaftsstandorts Deutschland sei. "Die Bestandsverwaltung, die Frau Merkel betreibt, ist zu wenig", sagte Schulz. "Deswegen bin ich sehr wohl der Meinung, dass wir eine Wechselstimmung bekommen in diesem Land."
Neben den schwachen Umfragewerten muss die SPD einen weiteren Rückschlag verkraften: Die rot-grüne Landesregierung in Niedersachsen verlor vergangene Woche ihre Mehrheit, weil die bisherige Grünen-Abgeordneten Elke Twesten zur CDU wechselte. Eine Belastung für seine Partei sieht Schulz darin aber nicht: "Ich erlebe eine niedersächsische SPD, die das als große Herausforderung und als Ermutigung, jetzt für unsere Landesregierung zu kämpfen, empfindet. Ich selbst empfinde es auch so."
Die Juso-Vorsitzende Johanna Uekermann forderte Schulz unterdessen auf, vor der Bundestagswahl eine Neuauflage der großen Koalition auszuschließen. "Ich will einen Politikwechsel und würde mir vorab ein klares Nein zur großen Koalition wünschen", sagte Uekermann der "Welt". "Man hat gesehen, dass alle Gemeinsamkeiten mit der Union aufgebraucht sind."
Wie bei den Forderungen nach einem Ausschluss von Rot-Rot-Grün hielt sich Schulz auch bei dieser Koalitionsfrage zurück. "Die SPD kämpft darum, dass ich Bundeskanzler werde", erwiderte er auf Uekermanns Äußerungen. Das sei das "gemeinsame Ziel" der Partei. (U.Beriyev--DTZ)