Venezuela: Verfassunggebende Versammlung nimmt Arbeit auf
In einem symbolischen Akt hat die von Präsident Nicolás Maduro einberufene verfassunggebende Versammlung ihre Arbeit aufgenommen. Die 545 Mitglieder des umstrittenen Gremiums kamen am heutigen Freitag (04.08.2017) zu ihrer ersten Sitzung in Caracas zusammen. Sie wählten die frühere Außenministerin Delcy Rodríguez, eine loyale Anhängerin des sozialistischen Präsidenten, zur Vorsitzenden. Zuvor hatte ein Priester die Versammlung gesegnet - obwohl der Vatikan zu den Kritikern des Gremiums gehört.
Die rechtsgerichtete Opposition demonstrierte am Freitag gegen die Versammlung, doch anders als in den Wochen zuvor blieben die Proteste zunächst weitgehend friedlich. Die Regierungsgegner befürchten eine Entmachtung des Parlaments und ein Ende der Gewaltenteilung aus Legislative, Exekutive und Judikative. Die Opposition wirft Maduro vor, sich durch die neue Verfassung "diktatorische Vollmachten" sichern zu wollen.
Der erste Sitzungstag fand unter scharfen Sicherheitsvorkehrungen statt. Darin versprach Rodríguez, Venezuela gegen "jegliche Aggression oder Bedrohung zu verteidigen". Die gewählten Mitglieder der Versammlung waren zuvor, begleitet von tausenden Anhängern, in einem Fußmarsch durch Caracas zum Sitzungsort gelaufen. Auch Präsident Maduro nahm an dem Marsch teil. Die Kundgebungsteilnehmer trugen Porträts von Maduros verstorbenem Vorgänger Hugo Chávez und des venezolanischen Unabhängigkeitshelden Simón Bolívar mit sich.
Die Opposition hatte die Wahlen zu der verfassunggebenden Versammlung am 30. Juli 2017 boykottiert und erkennt das Gremium nicht an. Auch die EU, die USA und eine Reihe lateinamerikanischer Länder kritisierten die Abstimmung. Der Vatikan hatte am Freitag mitgeteilt, die Versammlung trage zu dem "angespannten Klima" in dem Land bei.
Maduro will mit Hilfe der Verfassungsversammlung die unter Präsident Chávez verabschiedete Verfassung aus dem Jahr 1999 ändern. Als übergeordnetes Staatsorgan soll die Versammlung zudem über dem 2015 gewählten Parlament stehen, in dem die Mitte-rechts-Opposition über die Mehrheit verfügt. (P.Tomczyk--DTZ)