SPD will "Vollkasko-Pflegeversicherung" einführen
Wenn auch sonst nichts mehr vor der Bundestagswahl hilft versucht man es mit Phantasieversprechungen, so oder ähnlich mutet die aktuelle Idee der SPD an, welche die Pflegeversicherung nach der Wahl grundlegend umbauen will. SPD-Vizefraktionschef Karl Lauterbach sagte am heutigen Freitag (04.08.2017) in einem Interview, es solle "das Angebot einer paritätisch finanzierten Vollkaskoversicherung" geben. Die Union lehnte den Vorstoß ab und warnte vor einem "unverantwortlichen Schnellschuss".
Lauterbach zufolge soll die Pflegeversicherung auf Wunsch der Versicherten künftig auch die gesamten Pflegekosten übernehmen können. "Bisher ist die Pflegeversicherung eine Teilkaskoversicherung", sagte der SPD-Gesundheitsexperte. Pflegebedürftige müssten immer einen Eigenanteil leisten.
"Die SPD will in der nächsten Wahlperiode dafür sorgen, dass es auch das Angebot einer paritätisch finanzierten Vollkaskoversicherung gibt." Nach den Vorstellungen Lauterbachs sollen die Versicherten "zu einem frühen Zeitpunkt, also nicht erst kurz vor Beginn der Pflegebedürftigkeit, wählen können, ob sie etwas höhere Beiträge zahlen, um später alle Pflegekosten erstattet zu bekommen".
Die gesundheitspolitische Sprecherin der Unionsfraktion, Maria Michalk (CDU), kritisierte die Vorschläge. "Wenn sich jetzt die SPD von den ausgewogenen Grundsätzen der gesetzlichen Pflegeversicherung mit privater Vorsorge verabschiedet, dann ist das ein unverantwortlicher Schnellschuss", sagte Michalk der Nachrichtenagentur AFP. "Jeder hat Anspruch auf eine qualitativ gute pflegerische Versorgung, unabhängig von Einkommen und Wohnort."
Laut einer Studie des Verbands der privaten Krankenversicherung (PKV), die den Funke-Zeitungen vorliegt, zahlen Bewohner von Pflegeheimen bis zu 2000 Euro pro Monat aus eigener Tasche. Die Unterscheide in den einzelnen Bundesländern seien dabei sehr groß. Während der Eigenanteil in Nordrhein-Westfalen bei 2163 Euro pro Monat liege, seien es in Mecklenburg-Vorpommern 1103 Euro. Im Bundesdurchschnitt betrage die Zuzahlung 1696 Euro.
In diesen Summen sind den Angaben zufolge außer dem Eigenbeitrag der Pflegebedürftigen für die Pflegekosten auch die Kosten für Unterkunft und Verpflegung enthalten sowie eine Beteiligung an den Investitionskosten des Heimbetreibers. Der PKV leite daraus einen Bedarf an Zusatzversicherungen ab.
Ein freiwilliges Angebot einer paritätisch finanzierten Vollkaskopflegeversicherung "führt zu erheblichen Unsicherheiten in der Beschäftigungspolitik und unkalkulierbaren Wettbewerbsnachteilen für Arbeitgeber", warnte Michalk. Die Union konzentriere sich in Zukunft besonders "auf das Vermeiden beziehungsweise Hinauszögern der Pflegebedürftigkeit durch mehr Rehabilitation".
"Menschen mit geringem Einkommen sollen weiter einen Rechtsanspruch auf Sozialhilfe haben", sagte die CDU-Gesundheitsexpertin. "Höhere Sozialleistungen sind ein Thema für die Kommunen und ihre öffentliche Finanzierung, dem wir uns stellen." (V.Sørensen--DTZ)