Verfassungsschutz zählt mehr als 700 "Reichsbürger" in Sachsen
Zur sogenannten Reichsbürgerszene in Sachsen zählen nach Angaben des Verfassungsschutzes insgesamt 718 Menschen. Fast 70 davon seien dem rechtsextremistischen Spektrum zuzuordnen, wie das sächsische Innenministerium am heutigen Dienstag (01.08.2017) in Dresden mitteilte. Der Landesverfassungsschutz legte erstmals ein Lagebild zu "Reichsbürgern und Selbstverwaltern" vor, die in Sachsen seit Dezember von der Behörde beobachtet werden.
Der durchschnittliche "Reichsbürger" in Sachsen ist demnach männlich und etwa 49 Jahre alt. Der Frauenanteil ist im Freistaat mit 23 Prozent im Vergleich zu anderen Bundesländern überdurchschnittlich hoch. Die meisten "Reichsbürger" leben in Mittelsachsen, dem Vogtlandkreis sowie in den Landkreisen Bautzen und Görlitz und agieren als Einzelpersonen. Es gibt aber auch Gruppierungen wie die "Exilregierung Deutsches Reich" oder "Bundesstaat Sachsen".
Bei 40 vom Verfassungsschutz erfassten "Reichsbürgern und Selbstverwaltern" liegen demnach Erkenntnisse über zumindest frühere waffenrechtliche Erlaubnisse vor. Darunter sind auch fünf Rechtsextremisten. Bei 13 "Reichsbürgern" wurde nach Überprüfungen der Waffenbehörden bisher die waffenrechtlichen Erlaubnisse widerrufen, in sieben weiteren Fällen wurden entsprechende Verfahren eingeleitet. Sieben Menschen gaben ihre Waffenerlaubnis freiwillig ab.
"Damit zeigen wir, dass wir diese Szene auf dem Radar haben und die von ihr ausgehende Gefahr für unsere freiheitliche demokratische Grundordnung ernst nehmen", erklärte Sachsens Innenminister Markus Ulbig (CDU), der derzeit auch Vorsitzender der Innenministerkonferenz (IMK) ist.
Auch das bayerische Innenministerium hatte am Montag aktuelle Zahlen zur Reichsbürgerszene vorgelegt. Demnach gehören in Bayern den "Reichsbürgern" und "Selbstverwaltern" rund 3000 Menschen an; in 1900 weiteren Fällen wird dies noch überprüft. Auch in Bayern liegt ein Fokus auf dem Waffenbesitz. 235 Waffenbesitzer wurden demnach bislang eindeutig der Reichsbürgerszene zugeordnet, in 138 Fällen wurden die Erlaubnisse bereits widerrufen.
Deutschlandweit zählten dem Bundesamt für Verfassungsschutz zufolge 2016 etwa 10.000 Menschen zur Szene der "Reichsbürger" und "Selbstverwalter". Die in verschiedenen Kleinstgruppen agierenden "Reichsbürger" erkennen die Bundesrepublik nicht an. Sie gehen davon aus, dass das Deutsche Reich in den Grenzen von 1937 noch existiert. Ein Teil der Anhänger vertritt rechtsextremistische Positionen.
Nach Auffassung der Behörden neigen Anhänger der Szene zunehmend zu Gewaltdelikten. Die Gewalt richtet sich dabei vor allem Polizisten und Vollzugsbeamte. Im Oktober erschoss ein Anhänger in Bayern einen Polizisten, seitdem rückte die Gruppierung verstärkt ins Visier der Sicherheitsbehörden. (V.Korablyov--DTZ)