Opposition in Venezuela ruft zu weiteren Protesten auf
Inmitten der aufgeheizten Stimmung in Venezuela haben erneut die Regierungsgegner zu weiteren Protestaktionen aufgerufen. Das Oppositionsbündnis Tisch der demokratischen Einheit (MUD) kündigte neue Straßenblockaden zur Wahl der verfassunggebenden Versammlung am für den morgigen Sonntag (30.07.2017) an. Auch nach dem Wochenende müsse der Druck auf Präsident Nicolás Maduro aufrechterhalten werden, sagte Oppositionsführer Henrique Capriles. Am Freitag wurde ein 18-Jähriger Demonstrant erschossen, er ist das 113. Todesopfer seit Beginn der Protestwelle.
Die Proteste müssten in der kommenden Woche fortgeführt werden, sagte Capriles. Ziel sei ein "Regierungswechsel". Er rief die Venezolaner auf, am Sonntag alle wichtigen Verkehrsadern des Landes zu blockieren.
Die Lage in dem südamerikanischen Land ist derzeit höchst angespannt. Die Opposition hatte angesichts der für Sonntag angesetzten Wahl einer verfassunggebenden Versammlung zu landesweiten Protestmärschen aufgerufen - trotz eines von der Regierung verhängten Demonstrationsverbotes. Am Donnerstag hatte die Regierung mit Haftstrafen von bis zu zehn Jahren für all diejenigen gedroht, die die Wahl durch Proteste stören wollten.
Am Freitag versammelten sich weniger Demonstranten auf den Straßen als in den Tagen zuvor. In der Hauptstadt Caracas errichteten Regierungsgegner vereinzelt Straßensperren, auch in San Cristóbal, Maracaibo und der Stadt Guayana gab es Proteste.
In San Cristóbal wurde ein 18-jähriger Demonstrant erschossen. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft ist er der 113. Tote seit Beginn der Massendemonstrationen im April.
Staatschef Maduro will mit einer neuen Verfassung nach eigenen Angaben dazu beitragen, die schwere Krise in dem Land beizulegen. Seine Gegner werfen ihm hingegen vor, er wolle die verfassunggebende Versammlung mit eigenen Anhängern besetzen, um sich "diktatorische Vollmachten" zu sichern. Sie sehen dahinter ein Manöver, um die für Ende 2018 vorgesehene Präsidentschaftswahl hinauszuschieben. Internationale Beobachter sind für die Wahl der verfassunggebenden Versammlung am Sonntag nicht vorgesehen.
Die rechtsgerichtete Opposition kämpft seit Monaten für eine Amtsenthebung des sozialistischen Staatschefs. Sie macht ihn für die Wirtschaftskrise im ölreichen Venezuela verantwortlich, die zu einer Versorgungskrise in dem Land geführt hat. Aus Angst vor einer weiteren Eskalation der Gewalt deckten sich viele Venezolaner vor dem Wochenende mit Lebensmitteln ein. Tausende flohen ins Nachbarland Kolumbien.
Derweil wächst der internationale Druck auf die Regierung in Caracas. Die USA verhängten in dieser Woche Sanktionen gegen amtierende und ehemalige venezolanische Regierungsvertreter und ordneten die Ausreise der Angehörigen ihres Botschaftspersonals aus dem Land an. Die kolumbianische Regierung erklärte am Freitag, sie werde das Ergebnis der Wahl am Sonntag nicht anerkennen. Mehrere internationale Fluglinien, darunter Iberia und Air France, stellten ihre Flüge nach Venezuela vorerst ein.
US-Vizepräsident Mike Pence kündigte in einem Telefonat mit dem Oppositionspolitiker Leopoldo López weitere Strafmaßnahmen gegen Venezuela an, falls Maduro nicht einlenken sollte. Doch der Präsident hat klar gemacht, dass er fest entschlossen ist, am Sonntag die 545 Mitglieder der verfassunggebenden Versammlung wählen zu lassen.
Zwar zeigten sich in den vergangenen Wochen erste Risse innerhalb des Regierungslagers. Unter anderem wandte sich Generalstaatsanwältin Luisa Ortega von Maduro ab. Doch der Präsident kann sich bislang auf die bedingungslose Unterstützung der mächtigen Armee verlassen. (M.Dylatov--DTZ)