Schlussplädoyers im Prozess gegen US-Journalisten Gershkovich am Freitag
Im Prozess gegen den US-Journalisten Evan Gershkovich in Russland sollen bereits am Freitag die Schlussplädoyers gehalten werden. Das teilte die Leiterin des Pressedienstes des Gerichts in Jekaterinburg am Donnerstag mit. Zuvor war eine zweite Anhörung in dem Verfahren unter Ausschluss der Öffentlichkeit abgehalten worden. Damit steht womöglich der Urteilsspruch kurz bevor, der Voraussetzung für einen möglichen Gefangenenaustausch mit den USA wäre.
Dem 32-jährigen Gershkovich wird Spionage vorgeworfen. Bei einer Verurteilung drohen dem Journalisten des "Wall Street Journal" bis zu 20 Jahre Haft in einer Strafkolonie. Die zweite Anhörung in dem Verfahren fand hinter verschlossenen Türen statt, wie das Gericht bestätigte. Journalisten hatten keinen Zutritt zum Gerichtssaal. Der Prozess hatte am 26. Juni begonnen. Beim Auftakt war der Angeklagte lächelnd und mit kahl rasiertem Kopf in einem Glaskasten für Gefangene zu sehen gewesen.
Bei der zweiten Anhörung, die auf Antrag der Verteidigung vom 13. August auf den 18. Juli vorgezogen wurde, war die Öffentlichkeit nun von vornherein ausgeschlossen. Die Nachrichtenagentur RIA Nowosti berichtete jedoch, dass der Lokalpolitiker Wjatscheslaw Wegner am Donnerstag angehört worden sei, da er von Gershkowich vor dessen Festnahme interviewt worden sei. Eine AFP-Journalistin vor Ort sah den Abgeordneten am Gericht.
"Morgen wird es um 10.30 Uhr (Ortszeit, 07.30 Uhr MEZS) eine Anhörung mit den Schlussplädoyers geben", sagte Ekaterina Maslennikowa, Pressesprecherin des Bezirksgericht der Region Swertlowsk, der Nachrichtenagentur AFP. Das Urteil gegen Gershkovich kann ab Freitag verkündet werden.
Gershkovich ist der erste westliche Journalist, der seit Ende des Kalten Krieges in Russland wegen Spionagevorwürfen festgenommen wurde. Er sitzt seit seiner Festnahme im März 2023 in dem berüchtigten Moskauer Lefortowo-Gefängnis in Untersuchungshaft, die mehrfach verlängert wurde.
Der Reporter war zum Zeitpunkt seiner Festnahme auf einer Recherchereise in der östlich des Uralgebirges gelegenen Stadt Jekaterinburg gewesen, wo nun auch sein Prozess stattfindet. Der 32-Jährige weist die gegen ihn erhobenen Vorwürfe ebenso wie die US-Regierung und sein Arbeitgeber zurück.
Die russischen Staatsanwälte werfen Gershkovich vor, für den US-Geheimdienst CIA zu arbeiten und geheime Informationen über einen Panzerhersteller im Ural gesammelt zu haben. Der Kreml hat öffentlich keine Beweise für die Anschuldigungen vorgelegt, sondern nur angegeben, der Reporter sei "auf frischer Tat" ertappt worden.
Der russische Präsident Wladimir Putin hatte in der Vergangenheit angedeutet, dass Gershkovich im Zuge eines Gefangenenaustauschs freikommen könnte - und dabei die gewünschte Freilassung des in Deutschland wegen des sogenannten Tiergarten-Mordes inhaftierten Russen Vadim Krasikow erwähnt.
Der russische Außenminister Sergej Lawrow sagte am Mittwoch am Sitz der Vereinten Nationen in New York, es gebe Kontakte, "um zu sehen, ob es möglich ist, jemanden gegen jemanden auszutauschen", wie die staatliche Nachrichtenagentur Tass meldete.
Am Donnerstag wurde zudem ein seit vielen Jahren in Russland lebender US-Musiker zu 13 Jahren Haft verurteilt. Michael Travis Leake sei "des Verkaufs von Rauschmitteln für schuldig befunden" worden, teilte der Pressedienst der Moskauer Justiz im Onlinekanal Telegram mit. Er sei zu einer Haftstrafe von 13 Jahren in einer Strafkolonie mit strengen Haftbedingungen verurteilt worden.
Der nach Angaben der Staatsanwaltschaft "ehemalige Fallschirmjäger und Musiker" aus den USA war im Juni vergangenen Jahres in Untersuchungshaft genommen worden. Ihm war vorgeworfen worden, "den Verkauf von Drogen an junge Menschen organisiert" zu haben. Nach Informationen des US-Fernsehsenders CNN ist Michael Travis Leake ein Musiker und Musikproduzent, der seit vielen Jahren in Russland lebt.
(L.Møller--DTZ)